In jede Richtung gemischt sind die Gefühle in der Ausstellung zum Thema Roboter.

Foto: ; "Reem B #7 [Pal], Barcelona, Spain" Mark Niedermann

Als der tschechische Autor Karel Capek in seinem Theaterstück "R.U.R. Rossumovi Univerzální Roboti" erstmals den Begriff Roboter verwendete, hatte er keine intelligenten Maschinen im Sinn, sondern zu Sklavenarbeit verdonnerte Androiden. Keine Frage, dass die sich später schließlich erheben und die Vernichtung der Menschheit herbeiführen würden. Der Ungehorsam und die Gefahr sind so alt wie die Roboter selbst, die auch in vorherigen Jahrhunderten etwa als Golem oder Frankensteins Monster unsere Fantasie und Ängste beflügelten.

"Die Frage, ob Roboter unsere Freunde oder Feinde sind, stellt sich nicht. Die entscheidende Frage ist, wer sie kontrolliert", sagt Amelie Klein, Kuratorin der Ausstellung "Hello, Robot. Design zwischen Mensch und Maschine" im Vitra-Design-Museum in Weil am Rhein, die ab 20. Juni auch teilweise in die "Vienna Biennale: Roboter. Arbeit. Unsere Zukunft" im Wiener Museum für angewandte Kunst einfließen wird.

SKEYE Nano 2 FPV Drohne, 2015
Foto: TRNDlabs, »SKEYE Nano 2 FPV Drone«, 2015 Fernsteuerung und Nano-Drohne, © TRNDlabs

Frage der Ideologie

Lässt das Summen einer Drohne in Europa an die Spielzeuge zumeist erwachsener Männer denken, bekommt dasselbe Geräusch in einer Krisenregion eine ganz andere Konnotation: Es kann akute Lebensgefahr bedeuten. "Worum es hierbei geht, ist nicht die Technologie, sondern die Ideologie", macht Amelie Klein deutlich.

Dass moralische Konflikte vorprogrammiert sind, zeigt die Filmarbeit "Ethical Autonomous Vehicles" von Matthieu Cherubini. Auch selbstfahrende Autos werden in Zukunft in Unfälle verwickelt werden, in denen eine Entscheidung getroffen werden muss: Überfahren sie einen Passanten oder steuern sie den Insassen des Fahrzeugs an die nächste Häuserwand?

Am Computer werden Szenarien nach drei Algorithmen durchgespielt: nach einer humanistischen Position, die zum Beispiel dem Schutz von Kindern Vorrang gibt; nach einer profitbezogenen Position, die die Kosten minimiert; oder nach einer dritten Position, die maximalen Schutz der Insassen an vorderste Stelle rückt. Interessanterweise ist sich selbst der Computer nicht immer sicher und handelt in jedem der drei Szenarien komplett unberechenbar.

Natürlich ist unsere Vorstellung von Robotern vor allem durch die Populärkultur geprägt, die gleich im ersten Ausstellungsraum mit dem Maschinenmenschen Maria aus Fritz Langs "Metropolis" (1927), R2D2 aus "Star Wars" (1977), HAL 9000 aus "2001 – Odyssee im Weltraum" (1968) oder dem rauchenden und trinkenden Roboter Bender aus der Animationsserie "Futurama" (1999) aufgegriffen wird. Doch Robotik ist viel weiter gefasst als diese humanoiden Beispiele.

Robin von Jan de Coster, 2015
Foto: Jan De Coster, »Robin«, 2015 © Jan De Coster

Tatsächlich sind wir in unserem Alltag bereits von anderen Robotern umzingelt: Maschinen, die jede Form und Größe annehmen können, sofern sie über Sensoren, Antriebselemente und Intelligenz verfügen. "Eine robotische Leuchte unterscheidet sich von einer nichtrobotischen Leuchte weder durch Form noch durch Funktion, sondern durch Interaktion. Ich muss die Leuchte nicht selber anknipsen, weil sie weiß, um welche Uhrzeit ich nach Hause komme", erklärt Amelie Klein.

Doch schon hier wird es kniffelig: Wie viel von unseren Abläufen und Vorlieben wollen wir den intelligenten Maschinen preisgeben? Und wie nah wollen wir sie an uns heranlassen? Interessant wird die Ausstellung vor allem dort, wo die Kontakte zwischen Mensch und Maschine ausgelotet werden: Roboter, die Babys die Flasche geben. Kreaturen mit großen Kulleraugen, die an Robben im Pelzgewand erinnern und demenzkranken Menschen Zuneigung und Trost spenden.

Auch Sexroboter sind Teil der Ausstellung. Wie werden sie die Gesellschaft verändern? Zählt Robotersex als Seitensprung? Entfachen die Maschinen Eifersucht? Spannend ist zugleich die emotionale Bindung. In Japan sind offizielle Beerdigungszeremonien für den Roboterhund Aibo keine Seltenheit. Weil der Sony-Konzern die Produktion längst eingestellt hat und auch keine Ersatzteile mehr liefert, sind die Tage der elektronischen Haustiere gezählt. "Natürlich ist das Gefühl, das von diesen Objekten kommt, künstlich programmiert. Doch das Gefühl, das sie beim Menschen auslösen, ist ein echtes Gefühl. Da entsteht eine wirkliche Beziehung", sagt die Kuratorin.

Für Aibo gibt es keine Ersatzteile mehr.
Foto: Hajime Sorayama, Sony Corporation, »AIBO Entertainment Robot (ERS-110)«, 1999 Privatsammlung Foto: Andreas Sütterlin

Unter der Haut

Im Obergeschoß des Gehry-Museums geht die Annäherung von Mensch und Maschine bis zur Verschmelzung mit intelligenten Implantaten. Ein Exoskelett ist zu sehen, mit dem gehbehinderte Menschen wieder laufen können. Oder ein Chip, den man sich schon heute unter die Haut setzen kann, um das Handy zu entsperren oder die Haustür zu öffnen.

Passenderweise ist der Katalog zur Ausstellung von einem Algorithmus in Zusammenarbeit mit der Berliner Agentur Double Standards gelayoutet wurden – und sieht ganz gewiss nicht nach Kraut und Rüben aus. Was also wird der Mensch in Zukunft tun? Werden uns Roboter tatsächlich die Arbeit wegnehmen? Oder werden sie neue Arbeit kreieren, die kreativer und prozessgetriebener ist und weniger auf die Ausführung des Banalen abzielt?

Und so entlässt einen die Ausstellung mit einem ganzen Bündel an Fragen, die tatsächlich weniger die Technologie betreffen. Indem Maschinen auf emotionaler und kreativer Ebene mit uns konkurrieren, müssen wir etwas anderes viel dringender diskutieren: Wie wollen wir als Menschen künftig miteinander umgehen? (Norman Kietzmann, RONDO, 8.3.2017)

Als wären sie bereits ein ganz normaler Teil unseres Alltags, inszeniert Vincent Fournier seine Maschinenmenschen auf Fotografien.
Foto: Vincent Fournier