Astrid Rössler (Grüne), Severin Mair (ÖVP) und Josef Muchitsch (SPÖ) (v. li.) beim Diskutieren. Der SP-Nationalrat ließ vor allem an der Verländerung des Wohnbauförderbeitrags kein gutes Haar.

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Wien – Bund, Land, Gemeinde – das Kompetenz-Wirrwarr im heimischen Wohnbausystem bringt es mit sich, dass sich die drei Gebietskörperschaften immer wieder "zusammenraufen" müssen. Wie man dafür die Rahmenbedingungen verbessern kann, war Thema der "politischen Debatte" des Wohnsymposiums, die deshalb erstmals gleich drei Politiker bestritten: Für die kommunale Ebene sprach der junge Bürgermeister der oberösterreichischen Stadtgemeinde Eferding, Severin Mair (ÖVP). Die Landesebene vertrat die Salzburger Landesrätin Astrid Rössler (Grüne), zuständig für Raumordnung und Baurecht. Und für die Bundesebene sprach SPÖ-Nationalrat Josef Muchitsch, Sozialsprecher seiner Partei sowie Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz.

Zieldefinition maßgeblich

Rössler erläuterte gleich zu Beginn, dass es eine Sache der Zieldefinition sei, welche Maßnahmen schlussendlich ergriffen werden. "Ist das Ziel, dass möglichst viele Menschen leistbar wohnen können? Oder versteht man Wohnbaupolitik vor allem als Wirtschaftsfaktor? Oder sagt man, die Wohnbaupolitik sollte der Klimaschutzpolitik unterworfen werden, zu der sich die Republik verpflichtet hat?" Schon allein diese drei Ziele seien nicht deckungsgleich, so Rössler; gebe man der Klimaschutzpolitik den Vorrang, "dann sollten wir ganz stark in Richtung Sanierung gehen, dem Bestand den Vorrang geben". Wichtig sei jedenfalls, zuerst diese Ziele zu definieren "und dann die anderen Verpflichtungen und Maßnahmen diesen Interessen unterzuordnen".

Bezüglich der Frage von Moderator Gerfried Sperl, wo die wesentlichen Entscheidungen getroffen werden sollten, meinte Rössler, sie glaube "an die Schwarmintelligenz der Menschheit". Eine gut funktionierende Gemeinde sei sehr wohl am besten in der Lage, ihre Bedürfnisse, ihr Entwicklungspotenzial zu eruieren und ihre Politik dann danach auszurichten. "Diese Entscheidungsfindung und diese Auseinandersetzung auf allen Ebenen ist notwendig. Dann können diese Fragen beantwortet werden."

Muchitsch nannte das alles aber "zu kompliziert, wenn wir erst wieder erheben, eruieren, Fakten sammeln müssen, um etwas zu entscheiden". Zu viele Entscheidungsebenen würden alles nur schlimmer machen, mit zu vielen Kompetenzen auf den verschiedenen Ebenen würde man sich nur gegenseitig blockieren. "Es darf und soll laut darüber nachgedacht werden, wer wofür verantwortlich ist, was das Wohnen betrifft. Wenn man so viele Player am Tisch hat, geht das aber nicht." Er plädierte für eine klare Abgrenzung: "Die Wohnbaupolitik ist meiner Ansicht nach rein in die Bundesgesetzgebung zu geben und sonst nirgendwohin. Wohnen und Bauen gehört in eine Hand, in ein Ministerium." Die Länder und Gemeinden sollten auf ihrer jeweiligen Ebene den Bedarf eruieren und die Vorgaben entsprechend umsetzen.

"Riesiger Fehler"

Muchitsch ist auch ein entschiedener Gegner der im vergangenen Herbst vollzogenen völligen "Verländerung" der Wohnbauförderung. Ab 2018 sind die Länder auch für die Einhebung des Wohnbauförderbeitrags zuständig, nicht mehr nur für die Verteilung. "Ich glaube, dass es ein riesiger Fehler war, den Finanzausgleich so zu gestalten – im Vertrauen darauf, dass das funktionieren wird." Man werde schon bald erkennen, dass es "wieder nicht die richtige Entscheidung war", so Muchitsch.

Dem widersprach der junge Eferdinger Bürgermeister Mair: Er setze hier ganz klar auf Eigenverantwortung. "Auf kommunaler Ebene kennt man die Bedürfnisse der Menschen. Die Bundespolitik darf nur die groben Rahmenbedingungen geben. Die Umsetzung, wie und wo gebaut wird, das ist die zentrale Kompetenz der Menschen. Die wissen, wie die Bedürfnisse aussehen." Und diese Bedürfnisse seien auf dem Land übrigens auch andere als in der Stadt.

Teure Zersiedelungen

Mair brachte als Vergleich das Verhalten sogenannter "Helikoptereltern", die "ihr Kind so stark einschränken, dass es sich nicht entwickeln kann" . Auf eine solche Art und Weise solle der Bund seine Rolle keinesfalls wahrnehmen, sondern "nur die Rahmenbedingungen abstecken". Die Länder sollten kontrollierend als Aufsichtsorgane fungieren, "damit es nicht wie in der Vergangenheit zu Zersiedelungen kommt, die enorm teuer sind, auch für die Gemeinden".

Muchitsch hielt dagegen, dass er das alles schon auch so unterschreiben könne. "Aber mir geht es auch um die Finanzierung. Die Mittelaufbringung würde ich ganz klar in Bundeskompetenz lassen."

Zweites Thema der Runde war die Baulandmobilisierung. Mair brachte die Idee ins Spiel, dass die Schaffung von Eigentum für den Hauptwohnsitz – im Gegensatz zu Zweitwohnsitzen – deutlich begünstigt werden könnte, etwa in steuerlicher Hinsicht. Und dies könne man auch durchaus in ein Bundesgesetz schreiben.

Rückwidmungen als heißes Thema

Muchitsch wies darauf hin, dass es schon jetzt die Möglichkeit gebe, bei Umwidmungen landwirtschaftlich genutzter Flächen in Bauland einen Teil davon für förderbaren Wohnbau "abzuzwacken". Manche Gemeinden würden das aber nicht wollen.

Rössler berichtete in diesem Zusammenhang, dass im Land Salzburg derzeit mehr als 900 Hektar gewidmetes, aber unbebautes Bauland existieren würden. Sie rechnete vor, dass darauf Wohnraum für rund 150.000 Menschen – etwa die ganze Stadt Salzburg – entstehen könnte. "Diese Reserven liegen derzeit brach", weil viele Eigentümer schlicht nicht bauen wollten. "Das erhöht wiederum extrem den Widmungsdruck." Mit einer geplanten Infrastrukturabgabe auf Bauland, das seit fünf Jahren nicht bebaut wurde, will Rössler nun gewidmetes Bauland mobilisieren. "Denn lückenhafte Siedlungsentwicklung erhöht auch die Infrastrukturkosten." Sehr gerne hätte sie überhaupt gleich "den Reset-Knopf gedrückt", so Rössler – also sämtliches gewidmete unbebaute Bauland wieder rückgewidmet. "Das haben wir uns dann aber doch nicht getraut." (mapu, 1.3.2017)