St. Louis / Wien – Wer beobachtet, wie sich eine andere Person kratzt, verspürt häufig selbst einen starken Juckreiz. Mitunter reicht sogar der bloße Gedanke daran, um den Drang nach dem Kratzen zu wecken. Forscher der Washington University in St. Louis berichten nun im Fachblatt Science, dass auch Mäuse nicht vor dem Phänomen gefeit sind – und identifizierten einen zugrunde liegenden neurologischen Mechanismus.

In Experimenten zeigten sie den Nagern Videoaufnahmen von Artgenossen beim Kratzen – und binnen Sekunden legten die Tiere selbst die Pfoten an. "Das hat uns überrascht, da Mäuse nicht sonderlich gut sehen und stark auf andere Reize angewiesen sind, die in den Videos aber nicht transportiert wurden", sagt Studienleiter Zhou-Feng Chen. Während der Experimente untersuchten die Forscher dann, was sich im Gehirn der Mäuse abspielte.

Dabei stellten sie eine stark erhöhte Aktivität in einer Region des Hypothalamus fest, genauer gesagt im Nucleus suprachiasmaticus, der für den Schlaf-Wach-Rhythmus der Tiere wichtig ist. Dort verstärkte sich die Expression eines Transmitters, der in früheren Studien als Signalüberträger von Juckreiz zwischen Hirn und Rückenmark identifiziert wurde. "Das ansteckende Jucken ist also kein psychologischer Effekt, sondern ein neurologischer – es ist im Gehirn fest verdrahtet", so Chen. (dare, 10.3.2017)