Freiburg – Die sogenannte Cuticula, eine wachsartige Oberfläche auf den Epidermiszellen von Pflanzen, bietet deren äußere Schutzschicht und schätzt so vor Wasserverlust. Ein internationales Forscherteam hat nun den Mechanismus aufgeklärt, der bei Moosen für die Entwicklung der Cuticula verantwortlich ist und damit den evolutionären Übergang von Wasser- zu Landpflanzen ermöglicht hat.

Die Cuticula entwickelte sich bei Pflanzen vor mehr als 450 Millionen Jahren. Sie ermöglichte es den Gewächsen, sich vor Wasserverlust zu schützen, an Land auszubreiten und komplexe Ökosysteme zu bilden. Die später entwickelten Samenpflanzen nutzen ähnliche chemische Reaktionen, um die Biopolymere Lignin, Cutin und Suberin auszubilden.

Insbesondere das Lignin führt zu einer Verholzung der Zellwände und ermöglicht es Bäumen, viele Meter in die Höhe zu wachsen. Moose hingegen haben kein Lignin und sind winzig klein. Bislang war unklar, welcher biochemische Reaktionsweg bei Moosen die Entwicklung der schützenden Oberfläche ermöglicht. Wie die Forscher um Ralf Reski von der Universität Freiburg nun in "Nature Communications" berichten, spielt dabei das Enzym CYP98 aus der Familie der Cytochrome P450 eine entscheidende Rolle.

Überlebensstrategie

Während es in Samenpflanzen die Produktion von Lignin einleitet, ist es bei Moosen offenbar für die Ausbildung der Cuticula zuständig, die zu einem großen Teil aus Phenolen besteht. Schalteten die Forscher das für die Synthese des Enzyms maßgebliche Gen ab, entwickelte das Moos Physcomitrella patens keine Cuticula. In der Folge war es weder gegen äußere Einflüsse geschützt noch konnte es komplexe Organe ausbilden: Die sich entwickelnden Organe fusionierten und beendeten ihre weitere Entwicklung.

Die Forscher konnten diesen genetischen Defekt jedoch ausgleichen, indem sie das Moos mit Kaffeesäure versorgten – diese identifizierten sie als wichtigsten Bestandteil des Phenolstoffwechsels in Moosen. Sie schließen daraus, dass die Entwicklung der Cuticula bei den Moosen der Evolution von Lignin, Cutin und Suberin in Samenpflanzen zeitlich voranging.

"Unsere Ergebnisse enthüllen eine der frühesten evolutionären Innovationen, die den ersten Pflanzen vor über 450 Millionen Jahren halfen, auf dem Festland zu überleben", sagt Reski. "Zudem ermöglichen sie eine neue biotechnologische Strategie, Biopolymere in Pflanzen herzustellen – abseits der wissenschaftlich gut untersuchten Produktion von Lignin bei Bäumen." (red, 12.3.2017)