Wien – Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) hat sich in der Diskussion um türkische Wahlkampfauftritte im Ausland für strengere Kontrollen von illegalen Doppelstaatsbürgerschaften ausgesprochen. "Wir sind ein Rechtsstaat und können Missbrauch nicht akzeptieren: Diesen Personen muss man die Staatsbürgerschaft aberkennen", forderte er in der "Presse" (Samstag-Ausgabe).

Doppelstaatsbürgerschaften sind in Österreich bis auf Ausnahmefälle illegal – zum Entzug der österreichischen Staatsbürgerschaft kommt es aber nur selten, zeigte erst im Sommer ein APA-Rundruf bei den Bundesländern. Niessl geht davon aus, dass mit einer strengen Vorgangsweise beim Entzug die Motivation sinken würde, in Österreich türkischen Wahlkampf zu führen, wie er im Ö1-"Mittagsjournal" erklärte.

"Repräsentative Kontrollen"

Zunächst müsse man die Zahl jener feststellen, die sowohl die österreichische wie auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzen – dies könnte laut Niessl über repräsentative Kontrollen passieren, dann könne man die Zahl hochrechnen. Dann müsse man auch die österreichische Staatsbürgerschaft wieder entziehen, "wenn hier widerrechtlich vorgegangen wurde", forderte Niessl.

Wahlkampfauftritte von Parteien oder Organisationen, "die demokratische Strukturen ablehnen", halte er jedenfalls für "problematisch", meinte Niessl mit Blick auf geplante AKP-Auftritte in Österreich. Er halte es in dieser Frage mit seinem Parteichef Kanzler Christian Kern, wonach es eine europäische Lösung brauche – die Pläne von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) zur Einschränkung der Versammlungsfreiheit findet er dagegen "überzogen".

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kündigte indes in einer Aussendung an, dass sein Bundesland alle Möglichkeiten nutzen werde, um türkische Wahlkampfveranstaltungen auf heimischem Boden zu unterbinden: "Die Diskussion läuft mittlerweile völlig aus dem Ruder", befand Platter. "Die Provokationen und Scharfmacherei des türkischen Präsidenten Recep Erdogan und seiner Minister im Rahmen des Verfassungsreferendums sind mittlerweile unerträglich und nicht mehr zu tolerieren."

Wer europäische Demokratien mit dem NS-Regime auf eine Stufe stelle, ihnen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwerfe und unterstelle, Terroristen zu unterstützen, "darf sich nicht wundern, wenn türkische Abgeordnete und Minister in europäischen Ländern nicht mehr willkommen geheißen werden", erklärte Platter. "Eine solche Propaganda, die Menschen aufwiegelt und die Gesellschaft spaltet, brauchen und wollen wir in unserem Land nicht", betonte der Landeshauptmann. "Europa muss endlich selbstbewusster gegen diese Politik der politischen Vereinnahmung auftreten und deutlich machen, dass ein solches Verhalten nicht länger akzeptiert wird."

Umfrage: Drei Viertel für Auftrittsverbot

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Unique research im Auftrag von "profil" (500 Befragte, Schwankungsbreite 4,4 Prozent) befürworten mehr als drei Viertel der Österreicher ein Auftrittsverbot für türkische Politiker, die in Österreich oder Deutschland Wahlkampfreden halten wollen. 65 Prozent der Befragten hielten ein solches Verbot für vollkommen gerechtfertigt, weitere 13 Prozent für eher gerechtfertigt. Nur 5 Prozent sagen, dies sei weniger gerechtfertigt, zehn Prozent sind komplett dagegen. (APA, 11.3.2017)