Bei der Pressekonfernez von Epicenterworks. Die Kritik richtet sich gegen den fehlenden Schutz der Grundrechte. Bezweifelt wird auch, ob die geplanten Maßnahmen die Sicherheit tatsächlich erhöhen.

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Dem von der Regierung Ende Jänner beschlossenen "Sicherheitspaket" soll von nun an ein scharfer Wind entgegenwehen. Zumindest, wenn es nach den Plänen der Aktivisten von Epicenterworks (vormals AK Vorrat) geht. "Unsere Freiheit wird mit dem geplanten Paket für scheinbare Freiheit geopfert werden", fasste Epicenterworks-Obmann Christof Tschohl die Kritik am Dienstag bei einer Pressekonferenz zusammen. Gemeinsam mit anderen NGOs will man nun mit einer Kampagne (überwachungspaket.at) eine breite Diskussion über die geplanten Gesetzesvorhaben in Gang zu bringen – auch indem man mit den zuständigen Politikern in Kontakt tritt, deren Telefonnummern und E-Mail-Adressen auf der Kampagnen-Homepage veröffentlicht wurden.

Umsetzung Mitte des Jahrs geplant

Die Regierung plant unter anderem eine flächendeckende Vernetzung von Videokameras, das Verbot anonymer Wertkarten für Handys, die Einführung staatlicher Überwachungssoftware (Bundestrojaner) und die Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung. Ausgehandelt wurde das Vorhaben von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ). Die Pläne sollen bis Mitte des Jahres umgesetzt werden.

Rechtsschutz gefordert

An der Kampagne von Epicenterworks beteiligt sich auch Amnesty International Österreich. Dessen Chef Heinz Patzelt betonte, dass "Terrorbekämpfung ein Muss ist", aber mit entsprechendem Rechtsschutz für mutmaßlich Verdächtige versehen werden müsste. Es brauche dafür eine gesetzliche Basis und eine unabhängige Kontrolle. "Mehr Eingriff bedeutet auch mehr Rechtsschutz", so Patzelt. Die richterliche Kontrolle und der Rechtsschutz kommen laut Patzelt zu kurz. Nicht alle überwachten Verdächtigen würden im Nachhinein über die Überwachung informiert.

"Die Leute sind nicht deppert"

Der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl brachte in die Diskussion ein, dass "die Leute ja nicht deppert" seien. Für sie würden Sorgen um Arbeitsplätze, Wohnungen und zwischenmenschliche Beziehungen das Leben bestimmen und nicht die Angst vor Terror. Auch sei es wahrscheinlicher, von einem Blitz erschlagen zu werden, als Opfer eines Anschlags zu werden. Deswegen sei die Reaktion "Angst vor Terror" beim Thema Sicherheit eine Themenverfehlung. Mit Angst lasse sich sehr viel Geld verdienen, so Kreissl. Es handle sich bei den Plänen um eine "Gelddruckmaschinerie für die einschlägige Sicherheitsindustrie".

Kritik brachte auch die Journalistin Sonja Bettel vor. Sie warnte davor, das Redaktionsgeheimnis, aber auch das Anwaltsgeheimnis oder das Beichtgeheimnis zu gefährden.

Basis für den "Ständestaat"

Der Anwalt von Epicenterworks, Ewald Scheucher, erklärte, dass weniger Freiheit nicht mehr Sicherheit bedeute. Frankreich habe trotz Ausnahmezustands Terroranschläge nicht verhindern können. An den österreichischen Plänen kritisierte Scheucher konkret die fehlende Definition von Gefährdern. Das könnte in Zukunft zu einem Machtmissbrauch führen, wenn plötzlich ganz andere Personen als Gefährder eingestuft würden, so Scheucher. Er erinnerte an das Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz aus dem Jahr 1917, das Engelbert Dollfuß 15 Jahre später dazu missbrauchte, den autoritären "Ständestaat" zu errichten. (sum, APA, 14.3.2017)