Die Justiz ist das unterste korrigierende Sicherheitsnetz einer Gesellschaft. Wenn nun eine Anklagebehörde einen Text, der Naziopfer zu Tätern erklärt, als "nachvollziehbar" bezeichnet, wie im Februar 2016 im Fall Aula geschehen, dann gibt dieses Netz markante Löcher preis. Das Aula-Urteil durfte niemanden, der es mit dieser Gesellschaft gut meint, kaltlassen.

Es ist dem Justizminister hoch anzurechnen, dass er aus der Causa Konsequenzen gezogen und Pflichtkurse in Justizgeschichte für angehende Richter und Staatsanwälte angekündigt hat. Auf freiwilliger Basis gab es solche Kurse schon. Bei den Richteramtsanwärtern waren sie wegen ihrer gelungenen Kombination aus historischer Bildung, aktuellen Bezügen und sozialem Austausch der jungen Juristen aus ganz Österreich äußerst beliebt – sie erreichten aber wohl vor allem jene, die ohnehin für das Thema sensibel waren. Das Curriculum sollte künftig für alle gelten. Doch dieser Plan schien sich bald im Dickicht des Justizföderalismus zu verlaufen. Dass nun ein neuer Anlauf für die Einführung des Ausbildungspakets genommen wurde, ist eine erfreuliche Nachricht.

Auch die Justiz ist mit den Tätern in den eigenen Reihen nach dem Ende des Faschismus allzu milde umgegangen. Diese Verantwortung den künftigen Entscheidungsträgern bewusstzumachen ist in Zeiten steigender Rechtsextremismus-Tatzahlen wichtiger denn je. (Maria Sterkl, 15.3.2017)