Den Auftritt von James Comey im US-Kongress kann man getrost als historisch bezeichnen. Öffentlich und unter Eid bezichtigte der Chef der Bundespolizei FBI dabei am Montag den amtierenden Präsidenten – indirekt aber deutlich – einer Lüge. Das FBI habe keinerlei Anhaltspunkte zu glauben, dass Barack Obama – wie von Trump auf Twitter mehrfach verschwörerisch behauptet – den Präsidentschaftskandidaten während seines Wahlkampfs abhören habe lassen. "Ich habe keine Informationen, die die Tweets des Präsidenten stützen", sagte Comey. Auch das Justizministerium habe keine solchen Erkenntnisse.

Anstatt den Rückzug anzutreten und einzugestehen, dass er anscheinend Falschinformationen rechter Medien aufgesessen ist, legt Trump nur weiter nach, besteht auf seinen Anschuldigungen. Warum? Was nützt es ihm? Das Einzige, was er erreicht, ist die weitere Beschädigung seines Amtes sowie die Infragestellung der Glaubwürdigkeit seiner eigenen Behörde. Und er verlängert den Ausnahmezustand, in dem sich das Land seit seiner Wahl befindet – einen Zustand, in dem man sich auf nichts und niemanden mehr verlassen kann.

Das bringt uns zum anderen wichtigen Thema der Kongressanhörung: nämlich der potenziellen Verwicklung Russlands in den US-Wahlkampf und, darüber hinausgehend und weitaus brisanter, möglichen Verbindungen zwischen dem Trump-Team und der russischen Regierung, die bisher nicht Gegenstand der Untersuchungen des Geheimdienstausschusses sind, wohl aber jener des FBI. Für Trump ist es eine schallende Ohrfeige, dass sich die Bundespolizei dieses Themenkomplexes annimmt. Sollten die vielen Zufälle und Verdachtsmomente in der Untersuchung zu einem schlüssigen Bild zusammenfinden, bringt das die Trump-Regierung in ernste Probleme.

Aus dieser Perspektive könnte man auch auf die Idee kommen, dass Trump seine unsinnigen Abhör-Verschwörungstheorien verfolgt, um von den Russland-Connections abzulenken, FBI-Ressourcen und die Ressourcen der Kongressuntersuchung zu binden und schon im Vorhinein in Abrede zu stellen, dass die Bundespolizei ihrer Arbeit neutral nachgeht. Die Republikaner im Kongress, die Comey befragt haben, könnte man dabei durchaus als willige Erfüllungsgehilfen bezeichnen.

Wie lange die eigene Partei Trump noch die ohnehin schon löchrige Mauer macht, ist allerdings fraglich. 2018 stehen die Halbzeitwahlen an, weswegen schon bald wieder auf Wahlkampfmodus umgeschaltet wird. Dann geht es darum, die Wähler in den Wahlkreisen bei Laune zu halten. Schon jetzt sinkt Trumps Zustimmungsrate massiv. Für viele Konservative lassen Comeys Anhörung und Trumps Reaktion darauf bereits die Alarmglocken schrillen. Trumps Machtspielchen sind gefährlich. (Manuela Honsig-Erlenburg, 21.3.2017)