Filmstill aus der Gemeinschaftsproduktion "Kino 83: Robert Bressons Film 'Das Geld' ('L'Argent')" (1983). Im Bild: Script-Supervisor Françoise Renberg mit einer Arbeitsfassung des Drehbuchs von "L'Argent".

Foto: Mumok/Deinhardstein

Wien – Die Frankfurter Allgemeine Zeitung verglich Harun Farocki einmal mit Bertolt Brecht. Denn mit schönen Bildern hätte Farocki die Zuseher nie verführen wollen – vielmehr wollte er sie mit seinen Filmen zum Nachdenken zwingen. Zum Beispiel, wenn er sich in Nicht löschbares Feuer aus dem Jahr 1969 eine Zigarette auf dem Unterarm ausdrückte, um die Wirkung von Napalm, das unter anderem im Vietnamkrieg verwendet wurde, zu verdeutlichen. "Eine Zigarette verbrennt bei etwa 400 Grad", sagt Farocki in dem 25-minütigen Schwarz-Weiß-Film und zeigt die Brandwunde in die Kamera. "Napalm verbrennt mit etwa 3000 Grad."

Mit Werken wie etwa dem Filmessay Leben – BRD und der Dokumentation Zum Vergleich etablierte sich Harun Farocki, der 2014 unerwartet verstarb, auch international im Essayfilm und wurde ein wichtiger Vertreter des deutschen Dokumentar- und Experimentalfilms. Farocki gehörte wie auch Wolfgang Petersen zum legendären ersten Jahrgang, der sich 1966 an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) einschrieb. 1968 flog er mit siebzehn weiteren Studenten wegen "rebellischer Umtriebe" von der Akademie, kurz darauf entstand Nicht löschbares Feuer. Später lehrte er selbst, unter anderem an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Die Programmreihe Erkennen und Verfolgen im Museum moderner Kunst, konzipiert von Sabeth Buchmann, Constanze Ruhm und Jens Kastner von der Akademie der bildenden Künste Wien, will sein publizistisches und filmisches Werk nun mit Schwerpunkt auf seine Lehrtätigkeit neu beleuchten.

Harun Farocki wurde 1944 im heutigen Tschechien als Sohn eines indischen Arztes geboren. Die Familie zog im Laufe von Farockis Jugend oft um, bis sie sich schließlich in Deutschland niederließ. Farocki zog Mitte der 60er-Jahre nach Berlin. Nachdem er die Filmakademie abgebrochen hatte, drehte er zunächst Lehrfilme und wurde schließlich 1974 Redakteur bei der legendären Zeitschrift Filmkritik.

Viele Wechselwirkungen

Zehn Jahre schrieb er insgesamt für die Zeitschrift. Zwischen Filmemachen und Journalismus ergaben sich dabei ästhetische und politische Wechselwirkungen, die sich auch in zahlreichen Fernsehbeiträgen widerspiegelten, in denen sich Farockis einzigartig präziser Blick auf Gesellschaft, Politik und Macht zeigt. Im Mumok werden jetzt drei dieser Werke gezeigt. In Die Arbeit mit Bildern von 1974 kritisiert Farocki die geläufigen Formen des Fernsehfeatures. Zurück in die Filmgeschichte führt Über "Song of Ceylon" von Basil Wright. Darin kommentiert Farocki Ausschnitte aus Wrights Dokumentarfilm mit gezeichneten Skizzen und typischer Off-Stimme. Die Gemeinschaftsproduktion Kino 83: Robert Bressons Film "Das Geld"("L'Argent") präsentiert verschiedene Arten des Sprechens über einen Film in Form eines Reigens.

Michael Baute, der als Autor, Dozent und Kurator tätig ist, führt durch den ersten Abend der vierteiligen Programmreihe. (Eva Walisch, Spezial, 24.3.2017)