Präsentierte "Vorstadtlieder" im Wiener Museumsquartier: Nina Proll.

Foto: Guenther Egger
Foto: Guenther Egger

Wien – Die "Vorstadtweiber"? Die sind, so fasst Nina Proll gängige Volkes Meinung zusammen, "reine Erfindung, nur ein Klischee, gibt's in Wirklichkeit nicht". Das sei gleichzeitig der Grund, die ORF-Serie zu schauen, weil so könne man immer noch sagen: "Meiner ist zwar schiach und sauft, aber wenigstens ist er nicht schwul."

Mit Häuslschmähs wie diesem versorgte die Schauspielerin und Sängerin Nina Proll Montagabend das Publikum im Wiener Museumsquartier in ihrem Soloprogramm. Die Kategorie Häuslschmäh sei in diesem Zusammenhang als Kompliment und keinesfalls abwertend zu verstehen. Nur weil ein Witz am Klo zu bestehen hat, heißt das noch lange nicht, dass er stinkt.

Im Gegenteil, das Schmähführen ist dem Wiener fast so lieb und teuer wie das Sudern, egal ob in Vor- oder Innenstadt. Der gebürtigen Waldviertlerin und Wahltirolerin Proll ist die Tatsache wohl bekannt, die für die Bundeshauptstadt historisch gewachsene Vermengung von Schmerz und Lachen nimmt sie in ihren Liedern auf und macht daraus einen abwechslungsreichen Abend mit Big-Band-Sound, erzeugt von einer sieben Mann starken Band unter der Leitung von Christian Frank und unterstützt von vier Tänzerinnen und Tänzern (Choreografie: Marvin Dietmann).

Stimmig-schräges Liedwerk

Zur Aufführung kommen in mehr als zwei Stunden Klassiker der Wienerliedkunst wie "G'schupfter Ferdl" und "Der Novak lässt mich nicht verkommen", stimmig-schräges Liedwerk aus der Kabarettszene ("Topfpflanzen", "Regelblues"), punktgenau gelandete Revuenummern ("Puttin' on the Ritz"), schuhgeplattelte Vorstadtgstanzln ("Der Pfarrer von Grinzing hat an klan-winzign …") und eine mit femininem Zorn hingeschmetterte Version der Seiler-und-Speer-Nummer "Ham kummst". Dazwischen wird ohne Wenn und Aber Häuslschmäh geführt, dem anfangs artig, mit Fortdauer immer stürmischer applaudierendem Publikum stand ob manch vorgetragener Derbheit nicht nur einmal der Mund offen.

Proll gelingt es über weite Strecken, das Augenzwinkern aufs Publikum zu übertragen, nur einmal droht die Stimmung zu kippen. Beim Operettenmedley – Proll trägt es mit blitzrotem Ballkleid mit Kampfmasche vor – und einer Swinger-Version von Helene Fischers "Atemlos" beginnt die Menge mit Schunkelklatschen, ein beunruhigender Moment, er blieb Gott sei Dank die Ausnahme. Die Vorstadtweiber umrahmt Proll mit einer Vorstadtversion von "Walking in Memphis": "Abschied von Döbling" heißt es hier. Der narzisstische Schmerz der "Verstoßenen", die "raus aus die Gucci-Schuh" muss und traurig winkend abtritt: "Grüßts mir die junge ÖVP." Besser geht's nicht. (Doris Priesching, 28.3.2017)