Neben einer großen Venusmuschel und einem Krebs sind hier vor allem die kleinen weißen Körbchenmuscheln der Spezies Corbula gibba zu sehen. Treten diese vermehrt auf, ist es ein Indikator für verringerten Sauerstoffgehalt im Wasser.

Foto: Michael Stachowitsch

Wien/Triest – Meeresregionen mit stark vermindertem Sauerstoffgehalt sind als sogenannte "Todeszonen" bekannt geworden. Empfindliche Spezies sind als erste betroffen – das Phänomen kann aber im Extremfall so weit gehen, dass in einer solchen Region kaum mehr vielzellige Lebewesen anzutreffen sind.

Verhängnisvolle Eutrophierung

Als Ursache gelten Rückstände übermäßigen Düngergebrauchs in der Landwirtschaft, die ins Meer gespült werden und dort das Algenwachstum befördern. Diese sogennante Eutrophierung führt zu einer Algenblüte und in weiterer Folge zum "Meeresschnee", der aus einer Mischung aus abgestorbenen Algen und organischen Zerfallsprodukten besteht.

Solche Sauerstoffkrisen hat es einer Untersuchung von Wiener Forschern im Fachblatt "Geology" zufolge aber auch schon in Zeiten gegeben, in denen der Einfluss des Menschen noch nicht so groß war. Sie hatten die Bedingungen in der Adria untersucht, in der es vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts häufig zu solchen Sauerstoffkrisen kam. Doch es hatte auch davor schon welche gegeben, wie die Studie zeigte.

Im Gegensatz zu den Ursachen und Auswirkungen dieser vom Menschen geprägten Krisen, sei über ältere ähnliche Ereignisse und die Rolle, die Klimaschwankungen dabei spielen, bisher wenig bekannt, heißt es. Ein Forscherteam um den Paläontologen Martin Zuschin von der Universität Wien hat im Zuge eines Forschungsprojekts im Golf von Triest in der nördlichen Adria in ungefähr elf Metern Wassertiefe Proben des Meeresbodens entnommen. Die Ablagerungen in den etwa eineinhalb Meter langen Sedimentkernen reichten etwa 500 Jahre zurück.

Eine Muschel im Lauf der Jahrhunderte

Als Indikator für das Vorhandensein solcher Todeszonen fungierte bei den Untersuchungen die Muschelart Corbula gibba. Diese kleine Muschel ist gewissermaßen ein maritimer Überlebenskünstler, der bei Sauerstoffmangel seine Klappen dicht schließt und auf sauerstofflosen Stoffwechsel umschalten kann. Das lässt die Tiere sehr gut durch solche Krisen kommen. "Dadurch dass wir Schwankungen im Auftreten dieser Muschelart nachweisen konnten, war es möglich, quasi die Zeiträume der Sauerstoffkrisen zu dokumentieren", erklärte Zuschin.

Tatsächlich erkannten die Wissenschafter, dass die Muscheln in den Jahren 1980, 1890, 1810 und 1780 sehr häufig waren. So kamen in diesen Jahren hochgerechnet mehr als 1.000 Exemplare pro Quadratmeter vor. Diese guten Jahre für Corbula gibba waren aber nicht an vom Menschen verursachte Eutrophierung gebunden. Stattdessen stimmen sie "sehr gut mit Schwankungen der Wassertemperatur überein, die aus anderen Gebieten der Adria bekannt waren", so der Paläontologe.

Gerade höhere Wassertemperaturen führen zu einer Abnahme des Sauerstoffgehaltes in Bodennähe und zur stärkeren Bildung von Meeresschnee, der zusätzlich zum Verbrauch von Sauerstoff im Wasser beiträgt.

Keine falschen Hoffnungen

Die nunmehrigen Ergebnisse bedeuten allerdings nicht, "dass vom Menschen verursachte Eutrophierung keine Bedeutung für Sauerstoffkrisen am Meeresboden hat, sondern vielmehr, dass das unaufhaltsame Ansteigen der Meerestemperaturen in den nächsten Dekaden die tödlichen Effekte der Überdüngung sogar noch steigern kann", so Zuschin. (APA, red, 28. 3. 2017)