Integrationsminister Kurz bei Besuch eines Wertekurses: Künftig droht Flüchtlingen, die nicht teilnehmen, die Kürzung der Mindestsicherung.

Foto: APA / Hochmuth

Wien – Im Streit um die Flüchtlingspolitik geht unter, dass sich die Regierung über eine andere heiß diskutierte Materie geeinigt hat: Das Gesetzespaket, das der Ministerrat am Dienstag beschlossen hat, soll nichts Geringeres einläuten als eine – wie Staatssekretärin Munar Duzdar sagt – "neue Ära der Integrationspolitik".

Was die SPÖ-Politikerin Duzdar etwa als Errungenschaft verkauft, ist ein Rechtsanspruch auf Sprachförderung. Außen- und Sozialministerium haben Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten Deutschkurse "zur Verfügung zu stellen", heißt es im Gesetz, auch Asylwerber mit hohen Bleibechancen sind einbezogen. Damit soll künftig verhindert werden, dass Flüchtlinge – wie es vorgekommen ist – keinen passenden Kursplatz finden.

Konkret sollen die Betroffenen erst ein gewisses Sprachniveau erreichen, ehe dann ein "Integrationsjahr" einsetzt: Wer keinen Job hat, muss unter Anleitung des Arbeitsmarktservice verschiedene "Module" absolvieren. Abgesehen vom Deutschlernen sind Werte- und Orientierungskurse, die grundlegende Prinzipien von Demokratie bis Gleichberechtigung näherbringen sollen, Pflicht.

Arbeitstraining

Weitere Module, die individuell abgestimmt werden sollen, sind die Abklärung von Kompetenzen und Qualifikationen, Bewerbungstrainings und andere Vorbereitungsmaßnahmen sowie das vieldiskutierte "Arbeitstraining": Gemeint sind gemeinnützige Tätigkeiten in der Dauer von maximal zwölf Monaten, um "Kenntnisse und Fertigkeiten" zu erweitern. Eine Bezahlung zusätzlich zur Mindestsicherung (anerkannte Flüchtlinge) und Grundversorgung (Asylwerber) gebe es nicht, betont Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP): "De facto sind es Null-Euro-Jobs." Eine Entschädigung bekommen aber jene Organisationen, die entsprechende Jobs anbieten, und zwar 120 Euro pro Monat und Arbeitskraft.

Für alle Maßnahmen gilt: Wer die Teilnahme verweigert, dem droht die Kürzung der Mindestsicherung oder anderer Leistungen. Ein "Geben und Nehmen" sieht die Regierung dahinter, und einen Paradigmenwechsel. Statt Menschen jahrelang zum Nichtstun zu verdammen, werde Integration nun vom ersten Tag an gefördert.

Asylwerber legal beschäftigen

Neuerung für Asylwerber, deren Verfahren drei Monate und länger dauert: Sie können nun per Dienstleistungsscheck legal beschäftigt werden. Allerdings war das Modell bei anderen Arbeitnehmern bisher kein Renner.

Trotz vieler Kritiker, die einen Anschlag auf Grundrechte sehen, kommt das von der ÖVP geforderte Vollverschleierungsverbot: Wer in der Öffentlichkeit die Gesichtszüge "verhüllt oder verbirgt, dass sie nicht mehr erkennbar sind", riskiert eine Geldstrafe von bis zu 150 Euro. Untersagen können die Behörden künftig die Verteilung islamistischer Schriften: Der Passus wurde im letzten Feinschliff so formuliert, dass das Verbot nicht nur auf Straßen, sondern etwa auch in Parks greifen soll. (Gerald John, 28.3.2017)