Wien – Juristen stellen für eine ORF-Dokumentation am Originalschauplatz, dem Wiener Straflandesgericht, den Schattendorf-Prozess nach – weil sich heuer, am 15. Juli, der dadurch ausgelöste Brand des Justizpalastes zum 90. Mal jährt. Gezeigt wird "Republik in Flammen – 90 Jahre Justizpalastbrand" in der Zeitgeschichte-Reihe "Menschen und Mächte" am 29. Juni.

Vergangenen Freitag filmte Regisseur Fritz Kalteis im Großen Schwurgerichtssaal – mit Gerichtspräsident Friedrich Forsthuber, Richter Norbert Gerstberger, Staatsanwalt Leopold Bien, Strafverteidiger Rudolf Mayer und Schussgutachter Ingo Wieser in den Rollen der historischen Juristen, berichtete der ORF Dienstag in einer Aussendung. Noch bis Mitte Mai dauern die Dreharbeiten für die Auftragsproduktion der Metafilm für den ORF in Kooperation mit dem BMB, gefördert vom Zukunftsfonds der Republik Österreich und Burgenland Kultur.

Der Schattendorf-Prozess und der Justizpalastbrand am 15. Juli 1927 waren, so der Historiker Gerhard Jagschitz, ein Wendepunkt am Weg von der Demokratie zum autoritären Regime – der dann über den Bürgerkrieg im Februar 1934 bis zum März 1938 führte. In Wien kam es zu Ausschreitungen, weil im Schattendorf-Prozess drei Mitglieder des rechten Frontkämpferverbandes von den Geschworenen überraschend freigesprochen worden waren. Sie waren beschuldigt, bei Zusammenstößen mit dem sozialistischen Schutzbund in der burgenländischen Gemeinde einen Kriegsinvaliden und ein achtjähriges Kind erschossen zu haben. In Wien kam es zu sozialdemokratischen Protesten, die im Brand des Justizpalastes und in einem Polizeimassaker mit 84 toten Demonstranten und fünf toten Polizisten endeten. (APA, 4.4.2017)