Pestizide auf den Pflanzen? Das geht natürlich gar nicht.

Illustration: Dennis Eriksson

Der Name allein lässt schon Böses vermuten: Pestizide. Böse, böse. War doch auch die Pest so böse. Und selbst wenn der Begriff aus dem Englischen kommt und dort nur kleine Schädlinge benamst, so schmälert das die Gräuel nicht. Denn wo Pestizid draufsteht, ist der Teufel drin – ist so.

Auf einer Website der EU klingt es dann gar nicht mehr so schlimm: "Ein Pestizid ist etwas, das einen schädlichen Organismus ('Schädling') oder Krankheit verhindert oder zerstört oder Pflanzen oder Pflanzenprodukte bei der Herstellung, Lagerung und dem Transport schützt." Fein, somit sind wir Gartlerinnen und Gärtner also auch Pestizide, da wir Schädlinge verhindern oder zerstören wollen.

Nichts bleibt unversucht

Wem das weit hergeholt scheint, denke doch nur an die Blattläuse, die Wühlmäuse oder die Spanischen Wegschnecken (Arion vulgaris). Wir lassen doch wirklich nichts unversucht, diese Schädlinge an unseren Pflanzen loszuwerden.

Auch versuchen wir im Namen der Pflanzen, Krankheiten zu verhindern – Hashtag Sternrußtau, Braunfäule und Clematiswelke. Wir spritzen Magermilch, bauen Dacherln über unsere Paradeiser und bringen Ackerschachtelhalmtee aus.

Wir wirken wie hochselektive Pestizide, manchmal sogar wie Biozide. Denn welche Gartlerin kann der Versuchung widerstehen, Knoblauchrauke durch Ausreißen und Dörre auf dem Komposthaufen zu töten? Welcher Gärtner empfindet keine stolze Pflichterfüllungslust, wenn er Mutterkrautkeimling für Mutterkrautkeimling durch Rupf dem Tod preisgibt?

Oberste Pflicht

Mit hoffnungsvoller bis flehender Mimik arbeiten Gärtner und Gartlerin Nematoden in ihre Beete ein, in der Hoffnung, dass diese den Dickmaulrüsslerlarven den Garaus machen. Pestizid sein, so konnte hiermit hergeleitet werden, ist der Gartlerinnen und Gärtner oberste Pflicht.

Gärtner sein bedeutet ein tägliches Schlachten und Morden – und das nach kurzem Abwägen und raschem Urteilsspruch. Aber wehe, wehe! Wehe, es flattert wieder ein Posting oder eine E-Mail in den Wahrnehmungseingang des Gartlers, in dem vor pestizidbehandelten Gartenpflanzen in den umliegenden Gärtnereien gewarnt wird. Dann sind wir wieder alarmiert, dann gehen wir in den Widerstand, dann fordern wir alle uns bekannten Menschen auf, diese Gärtnereien zu meiden und für immer auf die Blacklist zu setzen.

Pestizide auf den Pflanzen? Das geht natürlich gar nicht. Wer da wen umbringt, muss immer noch selbst entschieden werden! Wäre ja noch schöner. (Gregor Fauma, RONDO, 14.4.2017)