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Google präsentiert einen Prototyp eines selbstfahrenden Autos.

Foto: Tony Avelar

Wien – An der Börse wird bekanntlich die Zukunft gehandelt. So lässt sich erklären, dass an der Wall Street unlängst der wachsende, aber Verluste ausweisende Elektroautopionier Tesla mit 49,5 Milliarden Dollar Börsenwert den profitablen US-Fahrzeugriesen Ford überflügelt hat. Eine Eintagsfliege? Womöglich, es gibt aber an der Börse etliche Präzedenzfälle, die für das Gegenteil sprechen.

Im Sommer 2015 war das Erstaunen kaum geringer, nachdem der Internethändler Amazon bei der Marktkapitalisierung am Einzelhandelsgiganten Wal-Mart vorbeigezogen war. Inzwischen sind die Machtverhältnisse zwischen beiden Handelskonzernen eindeutig geklärt: Amazon mit dem Hauptvertriebskanal Internet ist an der Börse mit 433 Milliarden Dollar beinahe doppelt so viel Wert wie Wal-Mart mit mehr als 6000 Filialen.

Dass es sich dabei um maßlose Übertreibungen wie zum Internethype der späten 1990er-Jahre handeln könnte, befürchten Experten nicht. Vielmehr sehen sie in Digitalisierung, Automatisierung und künstlicher Intelligenz Technologien, die den Alltag umkrempeln werden. Diese disruptiven Technologien werden aus Sicht der Deutschen Bank Wealth-Management die weitere Wirtschaftsentwicklung prägen. "Dabei handelt es sich um Technologien von morgen, die aber schon heute anfangen zu wirken", sagt Markus Müller, Leiter der Investmentabteilung.

Automatisierung des Wissens

Eine vielversprechende Entwicklung sollte ihm zufolge die Automatisierung des Wissens sein, die im Jahr 2025 ein Marktvolumen zwischen 5,2 und 6,7 Billionen US-Dollar erreichen soll. Dazu zählen künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, für den Marktforscher Gartner in der Studie "Strategische Technologie Trends 2017" Hauptschauplätze für Technologiekonzerne in diesem Jahrzehnt. Die Kombination von steigender maschineller Rechenkraft, massiven Datenmengen und fortgeschrittenen Algorithmen ermögliche Systeme, die dazulernen und ihr künftiges Verhalten daran anpassen können. Dies wird laut Gartner zu intelligenteren Geräten und Anwendungen führen.

Das am Massachusetts Institute of Technology entstandene Magazin MIT Technology Review stuft autonomes Fahren zu den für heuer vielversprechenden Anwendungsgebieten für künstliche Intelligenz ein. Ebenso sind demnach im Bereich der Text- und Bilderkennung Fortschritte zu erwarten, was zu einer Verbesserung der sprachbasierten Interaktion zwischen Mensch und Maschine führen sollte. Zudem prognostiziert das Magazin für heuer eine enorme Investitionswelle in künstliche Intelligenz in China, das zu einem führenden Player in diesem Bereich werden will.

Nicht zu spät für Einstieg

Müller vom Wealth-Management der Deutschen Bank misst auch mobilem Internet, Cloud-Computing, dam Internet der Dinge und fortgeschrittener Robotik bis Mitte der 2020er-Jahre großes Marktpotenzial bei. Und es ist aus seiner Sicht trotz guter Entwicklungen im ersten Quartal – selbst auf kurze Sicht – nicht zu spät, um in Technologien der nächsten Generation zu investieren. Der Sektor weise gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis eine günstigere Bewertung auf als der Gesamtmarkt, zeige steigende Gewinnschätzungen und verfüge über ansprechende Kapitalausstattung.

Auf lange Sicht hat Müller zudem auch den Bereich der Netzsicherheit auf der Rechnung: "Cybersecurity ist immens wichtig in einer Welt, die auf Internet basiert." Als ebenfalls aussichtsreich stuft er zudem sogenanntes Vertical Farming ein, wo es bereits Nischenplayer gebe. Diese landwirtschaftliche Technologie soll die Massenproduktion pflanzlicher Erzeugnisse in städtischen Ballungsräumen ermöglichen.

Aber die Einstufung zukunftsträchtig wirkender Entwicklungen kann sich im Lauf der Zeit wandeln. Im vorangegangenen Jahrzehnt wurde etwa erneuerbaren Energien enormes Potenzial beigemessen, nun zählen sie mit einem erwarteten Marktvolumen von 200 bis 300 Milliarden Dollar im Jahr 2025 nicht mehr zu den aussichtsreichsten Sektoren. (Alexander Hahn, 6.4.2017)