Foto: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht

Die Biobauern und Paradeiserkaiser Erich und Priska Stekovics wohnen in einem 160 Jahre alten Haus in Frauenkirchen. Hier, sagen sie, spürt man die Weite des Seewinkels – und manchmal ein Déjà-vu-Heimatgefühl.

"Das Haus ist 160 Jahre alt und eines von Hunderten seiner Art, die im Burgenland und im angrenzenden Ungarn errichtet wurden. Soviel wir wissen, wurden die Bauten damals von den Esterházys als Arbeiter- und Verwaltungswohnhäuser für die Landwirtschaftsflächen genutzt. Unser Haus hat eine besonders bewegte Geschichte: Es wurde als Arbeiterhaus für Schäfer errichtet, später als Herrschaftshaus genutzt, dann als Wohnhaus des ersten Landtagspräsidenten vom Burgenland und zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg schließlich als Lungenheilanstalt. Die letzten Jahre stand es teilweise leer und wartete auf uns.

"Der Tischofen ist aus einem Gasthaus und hat schon tausende Backhendln und Schweinsbraten drin gehabt – Geschichte mit Bauchgefühl." Das Ehepaar Stekovics in der Küche.
Foto: Lisi Specht

Das Haus ist aus Ziegel gebaut, ist außen teilweise verputzt und teilweise mit Backsteinmauerwerk verkleidet, hat ein standardisiertes Fensterachsmaß und ist genau zehn Meter breit. Je nach Anforderung wurden die Häuser damals in zehn, 20, 30 oder 40 Meter Länge errichtet. Im Prinzip der Vorgänger eines Fertigteilhauses. Die hohe Zahl an Häusern hat leider dazu geführt, dass sie niemals unter Denkmalschutz gestellt wurden. Heute stehen nur noch wenige. Umso mehr freuen wir uns, wenn wir rund um den Neusiedler See wieder ein neues Objekt entdecken und uns ein Déjà-vu-Heimatgefühl überkommt.

Die Bausubstanz war sehr gut. Das Mauerwerk war dicht, trocken und absolut tragfähig – und das nach 160 Jahren! Umso wichtiger war uns, es behutsam zu sanieren und bei der Renovierung authentische, historische Baustoffe wie Stroh und Kalk zu verwenden und alte, zum Teil in Vergessenheit geratene Handwerkstechniken anzuwenden. Das Bundesdenkmalamt hat uns in der Bauphase unterstützt. Es war eine schöne, reibungslose Baustelle. Alles in allem hat die Bauzeit ziemlich genau ein Jahr betragen.

Fotos: Lisi Specht

Wir bewohnen einen 40-Meter-Typ und haben das Wohnzimmer auf die gesamte Länge ausgedehnt. Das heißt: Unser Wohnzimmer ist vier Meter breit und fast 40 Meter lang. Das ist echt arg, aber man hat sich schnell daran gewöhnt. Es hat etwas Schönes, etwas Beruhigendes, etwas irgendwie Klösterliches. In gewisser Weise, könnte man sagen, findet sich hier die Weite des Seewinkels wieder. Und egal wie hektisch es im Betrieb zugeht – hier herrscht Ruhe. Die meisten würden wohl sagen, dass das Haus ziemlich leer ist, und tatsächlich haben wir nur wenige Möbel.

Absolutes Zentrum unseres Hauses ist die grüne Küche und unser 6,25 Meter langer Esstisch, an dem auch schon mal große Familiengelage und Teambesprechungen stattfinden. Der Tisch ist aus Nussholz und wiegt 650 Kilo. Ein bisschen erinnert er uns an das Letzte Abendmahl ... nur nicht ganz so tragisch! Und ja, ein Lieblingsmöbel gibt es auch, und zwar den großen, alten Tischofen, der hinter uns an der Wand steht. Der stammt aus einem Gasthaus in der Nähe von Ried im Innkreis und hat schon tausende Backhendln und Schweinsbraten drin gehabt. Das ist Geschichte mit Bauchgefühl. Was kann man sich Schöneres wünschen?

Fotos: Lisi Specht

Es ist wie auf dem Feld: Es ist die Liebe zu den Zutaten, zur hohen Qualität und zu den fast schon verschwundenen Werten, die unseren Betrieb, aber auch unser Wohnhaus auszeichnen. Jahrzehntelang haben wir die Saat ausgesät, nun finden wir uns in einem Lebensabschnitt der Ernte wieder. Wir wissen aber auch, dass die Ernte nicht das Ende ist. Denn wenn man die Ernte nicht rechtzeitig verarbeitet, dann verfault sie. Wir haben also, was unser Leben und unsere Liebe betrifft, noch einen weiten Weg vor uns. Die Ernte ist voll im Gange. Jetzt beginnt das Einrexen." (10.4.2017)