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Foto: AP / Boris Yurchenko

Pro
von Ronald Pohl

Etwa bis zum Ausklang der adeligen Salonkultur war das Begrüßungsbussi ein echtes No-Go für jeden Salonlöwen. Ein herzhafter Schmatz auf die Wange des Marquis – schon war das Pflästerchen mit dem Schönheitsfleck verrutscht. Ein unsühnbarer Fauxpas. Quel malheur!

Erst mit Aufkommen der bürgerlichen Ehemoral (kein Frauenschmatz vor Ablegung des Ehegelöbnisses!) wurde das Männerbussi zu einer ebenso herz- wie nahrhaften Alternative für den sexuell unerweckten Jungspund. Warum denn auch nicht?

Sehr viel später kreuzten dann national gesonnene Knasterbärte die Schleckermäuler und rieben selig die Rotzbremsen aneinander. Das Männerbussi geriet über solchem Unfug in Misskredit.

Es blieb den Parteichefs der Warschauer-Pakt-Staaten überlassen, den herzhaften Schmatz unter Genossen wieder bürofähig zu machen. Ob nun Breschnew oder Schiwkow: Sie alle kannten die Mundhöhlen ihrer sozialistischen Nachbarn besser als ihre eigenen Westentaschen! In unseren kapitalistisch gebändigten Zonen tut es ein flüchtiger Hauch auf die Wange auch.

Kontra
von Christoph Winder

Der Begrüßungsbussigeber ist ein Äquivalent des Warmduschers, nur schlimmer. Allein die beim Begrüßungsbussi dräuenden Gefahren sprechen eine klare Sprache. Weil kein Mensch weiß, welche Bussiabfolge der Bussipartner bevorzugt – linksdrehendes Bussi, zweifaches Doppelbussi mit rechtsseitigem Backenbeginn usf. – drohen aneinanderreibende Stoppelbärte und kollidierende Schneidezähne.

Begrüßungsbussler sind das Resultat einer effeminierten Pussykultur. Jedem, der einen Funken Männerehre im Leib hat, stellt es alle Haare auf, wenn ihm ein Geschlechtsgenosse das gezogene Schnütchen entgegenreckt. Und was heißt Schnütchen? Schlimmstenfalls bekommt man es mit einem notgeilen Lustmolch zu tun, der einem den Schlecker dezimetertief in den Hals schiebt ( "Rachenputzer").

Richtige Männer begrüßen sich so, wie sich richtige Männer begrüßen: ein knallharter Blick ins Auge, ein betonschwerer Schlag auf die Schulter und am Schluss zum Spaß ein paar Fausthiebe in die Fresse. Das Begrüßungsbussi kann uns gestohlen bleiben. Und zwar kreuzweise! (RONDO, 21.4.2017)