Auch ein Resultat zahlreicher Ankünfte Geflüchteter: Es wird zunehmend Geld locker gemacht für Initiativen, die Jobs für sie schaffen wollen. Ob das bereits Garant für Integration ist, wurde in Wien diskutiert.

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Arbeit sei nur ein Puzzleteil auf dem Weg zu Integration, aber ein wichtiges – von links: Gundi Wentner im Gespräch mit Bilal Abdulkarim (beide Deloitte), Markus Gratzer (Hoteliervereinigung), Michael Chalupka (Diakonie), Manuela Vollmann (abz Austria) und Petra Draxl (AMS).

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"Welchen Beitrag können wir leisten, damit diese neu in Österreich angekommenen Menschen möglichst schnell Fuß fassen und Integration gelingt?" Diese Frage sei im Sommer 2015 im Wiener Büro der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater von Deloitte relativ schnell und auf oberster Ebene aufgekommen. Genauso schnell sei klar gewesen: "Arbeit ist der Schlüssel, und wir müssen etwas beitragen", sagt Gundi Wentner, als Partnerin zuständig für Consulting, über die Entstehung der Initiative "Found". Dort konnten in einem sechsmonatigen Inkubationsprozess sechs Start-ups gemeinsam mit Beratern des Hauses und aus dem Impact Hub Vienna an Planung, Weiterentwicklung und Umsetzung ihrer Geschäftsideen arbeiten. Oberstes Ziel: Arbeitsplätze für Menschen mit Fluchthintergrund schaffen. Drei Projekte wurden nun von einer Jury ermittelt und diese Woche ausgezeichnet. Für sie gibt es insgesamt 20.000 Euro und 100 Pro-Bono-Stunden für die Weiterentwicklung.

Viele neue Projekte zur Arbeitsmarktintegration

Dass es für Social Businesses in Österreich großes Potenzial gibt, zeigte bereits eine Studie der Wirtschaftsuni Wien Ende 2015. Allerdings war dort auch zu lesen, dass die Finanzierung oft ein großes Hindernis darstellt. Mittlerweile tut sich hier einiges: Das Sozialministerium, die Nationalstiftung für Forschung und Technologieentwicklung und das Austria Wirtschaftsservice (aws) reagierten etwa mit dem "aws Social Business Call". Hier konnten sich Projekte, die Unternehmertum und soziale Idee verbinden, maximal 100.000 Euro holen. Dass die drei von Deloitte ausgezeichneten Start-ups auch hier erfolgreich waren, zeigt, dass Flucht und Integration derzeit für Gründer im Social-Business-Bereich Hauptmotive sind.

Heimische Betriebe gefordert

Inwiefern Arbeit und Integration zusammenhängen, wurde im Rahmen der Preisverleihung diskutiert. "Wie unsere Mitbürger beim türkischen Referendum abgestimmt haben, zeigt, dass allein durch Arbeit keine Integration stattfindet. Und in den französischen Banlieues wird wiederum deutlich, dass es auch Sprache allein nicht tut. Die Jugendlichen sprechen perfekt Französisch, integriert sind sie aber nicht", sagt Diakonie-Direktor Michael Chalupka. Was es brauche, sei Kontakt, Austausch. Das Ziel von Deloitte, 100 Mitarbeiter zu ermutigen, sich für geflüchtete Menschen zu engagieren, sei beispielsweise ein toller Ansatz. "Wenn das viele Firmen machen, geht was weiter."

Dass im Gegenteil aber viele Unternehmen auslassen und abseits erster großer Gesten an Bahnhöfen nicht mehr viel von einer Willkommenskultur zu spüren sei, sagt Manuela Vollmann, Geschäftsführerin von abz Austria. Das Unternehmen ist in Wien unter anderem für die Abwicklung der Kompetenzchecks geflüchteter Frauen zuständig, Vollmann ist ständig auf der Suche nach Betrieben, die sich für Arbeitstrainings zur Verfügung stellen. "Wir können diese Mütter nicht hinterm Herd verschwinden lassen. Das wäre fatal für die Einstellungen und die Entwicklung ihrer Kinder."

Förderungen gibt es schon lange

Ja, für viele Betriebe gebe es tatsächlich Spielraum nach oben, räumt auch AMS-Wien-Chefin Petra Draxl ein. Verschiedenste Förderungen für jene, die Geflüchteten eine Chance geben, gebe es seit vielen Jahren, neue kämen ständig dazu: Unternehmen können beispielsweise seit kurzem selbst als "Kompetenzchecker" agieren und bekommen für die Berichte 110 Euro.

"Wir möchten viel schneller Anschluss finden", stimmt Bilal Abdulkarim den Vorrednern zu. Seit etwa zwei Jahren ist der Syrer in Österreich – seine anfangs hohen Erwartungen musste er schnell begraben. Alles habe wahnsinnig lange gedauert, organisierte Deutschkurse habe es nicht gegeben. Dass er nun bei Deloitte ein Praktikum absolvieren kann, sei der bisher größte Erfolg.

Viel Potenzial sehen die Diskutanten im Gastgewerbe und im Tourismus. Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung, stimmt zu. Er wolle als Interessenvertreter in der Branche für bessere Schnittstellen sorgen. "Integration ist am Ende Mikromanagement." (lhag, 25.4.2017)