Karl Stoss steht seit 2007 an der Spitze der Casinos-Gruppe, mit Jahresende hört er auf.

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Wien – Es ist der typische Fall von "ein Ereignis, aber zwei komplett unterschiedliche Versionen der Geschichten". Der Generaldirektor der Casinos Austria AG, Karl Stoss, gab am Dienstag bei der Präsentation der Bilanz 2016 überraschend bekannt, mit Jahresende aus dem Glücksspielkonzern ausscheiden zu wollen. Er habe schon vor einem Jahr den Aufsichtsrat darüber informiert, dass er keine Verlängerung seines mit Ende Dezember auslaufenden Vertrags anstrebe, sagte der 60-Jährige.

Als Beweggründe führte er an: Er wolle sich verstärkt Familie, Hobbys (Bergsteigen), sozialen Engagements, aber natürlich auch seinen sonstigen Funktionen widmen. Stoss ist unter anderem gerade wiedergewählter Präsident des Österreichischen Olympischen Comités, Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees und gehört diversen Aufsichtsräten an.

Keine Demontage

Dass er nur einer Demontage durch die neuen Miteigentümer zuvorgekommen sei, bestritt Stoss entschieden. Zur Erinnerung: Der niederösterreichische Glücksspielkonzern Novomatic hält durchgerechnet bereits 17,2 Prozent an der Casinos Austria AG (Casag). Bei der tschechischen Sazka-Group sind es aktuell 11,35 Prozent. Sobald alle aufsichtsrechtlichen Genehmigungen vorliegen, wird die Gruppe um die Milliardäre Karel Komárek und Jiří Šmejc sogar über 34 Prozent verfügen. Damit wäre sie größter Aktionär.

Vorerst fehlt aber eben noch der Sanktus der Glücksspielbehörden in Kanada, Australien und der Schweiz (wo das Unternehmen ebenfalls tätig ist). Und das kann noch dauern – Stoss schätzt zwölf bis 18 Monate.

Wenn es am schönsten ist

Darauf stellte auch seine Argumentation ab: Derzeit sei der Einfluss der Neuen "bescheiden". Auch wenn ihm diese "ausrichten, dass sie mich nicht wollen", so hätte er doch jederzeit eine Mehrheit im Aufsichtsrat für eine Verlängerung bekommen, zeigte er sich überzeugt. "Das wäre nicht schwierig gewesen", man habe ihn sogar gebeten weiterzumachen. Aber eben: Familie, Bergsteigen. Und: "Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist."

Die jüngste Bilanz fiel tatsächlich äußerst gut aus: Das Betriebsergebnis erreichte im Vorjahr mit 150 Millionen Euro einen Rekordwert, auch das Konzernergebnis fiel mit 91,2 Millionen Euro um 65 Prozent höher aus als 2015. Sogar die Auslandstochter Casinos Austria International, die über Jahre rote Zahlen schrieb, fuhr erstmals seit 2009 ein Plus ein (neun Millionen Euro).

So weit die eine Sicht der Dinge. Die andere, die in Casinos-Kreisen hinter vorgehaltener Hand erzählt wird, geht so: Stoss habe intern "wie ein Löwe darum gekämpft", auch in Zukunft Vorstand sein zu können. Letztlich habe er aber einsehen müssen, dass er den Kampf nicht überlebt hätte. Folglich sei es ein geschickter Schachzug, nun die gute Bilanz 2016 für den Abgang zu nutzen und diesen als freiwilligen darzustellen. "Er wusste, dass die Tschechen begonnen hätten, ihn abzumontieren", sagt ein Insider.

Goodies im Vertrag

Für diese Variante spricht auch, dass Stoss' Vertrag bereits im Vorjahr für Diskussionen sorgte. Er beinhaltet zahlreiche Goodies (neben dem Fixum gibt es zwei Bonuszahlungen, seit dem 60. Geburtstag besteht Anspruch auf eine üppige Betriebspension) – DER STANDARD berichtete.

Die Aussagen vom Herbst des Vorjahres passen auch nicht ganz mit den aktuellen zusammen, wonach er sich schon vor einem Jahr für einen Rückzug entschieden habe: "Ich habe noch gar nichts bekanntgegeben und noch nicht mit Rothensteiner (Aufsichtsratschef Walter, Anm.) gesprochen. Vielleicht tue ich das nächste Woche", sagte Stoss im November zum STANDARD.

Interimslösung möglich

Wer nun neuer Chef wird, soll sich Anfang Mai entscheiden. Eine kolportierte Variante: Vorerst wird eines der derzeitigen Vorstandsmitglieder, also Bettina Glatz-Kremsner oder Dietmar Hoscher, interimistisch mit der Führung betraut. Eine endgültige Entscheidung könnte dann erst fallen, wenn final geklärt ist, ob die Sazka-Gruppe alle Genehmigungen für die angestrebten 34 Prozent bekommt.

Der Vertrag von Glatz-Kremsner läuft noch bis 2019, jener von Hoscher, der dank seiner Vergangenheit als SPÖ-Nationalratsabgeordneter als politisch besser vernetzt gilt, läuft wie jener von Stoss mit Jahresende aus und müsste erst noch verlängert werden. Eine nicht unwichtige Rolle wird jedenfalls auch der Finanzminister einnehmen: Über die staatliche Beteiligungsholding Öbib ist die Republik noch immer mit einem Drittel an der Casag beteiligt. Novomatic-Chef Harald Neumann ließ zuletzt Sympathien für Glatz-Kremsner erkennen. "Sie ist fachlich sehr qualifiziert", lobt er die 54-Jährige, die bereits seit 2006 für die Finanzagenden verantwortlich zeichnet. (Günther Oswald, 25.4.2017)