Im virtuellen Raum wird die Funktionsweise einer Maschine verstehbarer. Mit Datenbrillen können Prototyp-Entwicklung, Training und Wartungsplanung unterstützt werden.

Foto: FH Oberösterreich

Steyr – Um Baupläne komplexer Maschinen lesen zu können, bedarf es eines gewissen Vorstellungsvermögens. Je komplexer die Technik, desto schwieriger ist es zu erfassen, wie alle Bauteile ineinandergreifen. Oft ist dafür langjährige Erfahrung notwendig. Hilfestellung kommt nun aus einem Bereich, den man bisher kaum mit industrieller Fertigung verbunden hat: Die Virtual-Reality-Brillen, die gerade auf den Markt für Unterhaltungselektronik für Endkonsumenten drängen, sind auch dafür geeignet, industrielle Entwicklungen zu vereinfachen.

"Die Brillen, die das Blickfeld komplett einnehmen, werden bereits für derartige Anwendungen eingesetzt", sagt Josef Wolfartsberger vom Institut für Intelligente Produktion der FH Oberösterreich. Im Projekt Smart Factory Lab, das vom Land Oberösterreich und mit EU-Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert wird, prüft er mit seinen Kollegen neue Technologien auf ihre gewinnbringende Einsatzfähigkeit in der industriellen Produktion.

Ins Innere der Maschine

"Mithilfe der Brillen kann man im virtuellen Raum hochkomplexe Bauteile zerlegen und wieder zusammenbauen", erläutert Wolfartsberger. Gemeinsam mit einem Wirtschaftspartner wurde etwa das Modell eines speziellen Aggregats realisiert. Montagetechniker könnten damit etwa vor einer Installation oder Wartung bei einem Kunden schnell und einfach herausfinden, wie man dabei am besten ans Werk geht und ob und mit welchen Werkzeugen Bauteile im Inneren der Maschine erreichbar sind. Wolfartsberger: "Man kann sich Schritt für Schritt bis zur einzelnen Schraube in das Modell reinklicken und den gesamten Prozess im virtuellen Raum planen."

Die Anwendungsfälle für Virtual-Reality-Brillen reichen von der Schaffung von Prototypen und der Planung ganzer Arbeitssysteme bis hin zu Schulungen. Im Bereich Augmented Reality, also der Überblendung des realen Blickfelds mit virtuellen Zusatzinhalten, liegt das Potenzial dagegen eher in Montage, Wartung und Kommissionierung. Techniker bekommen dabei Detailinformationen und Handlungsanweisungen zu Bauteilen, Maschinen oder anderen Objekten, an denen sie arbeiten. In einer vollkommen individualisierten Produktionswelt, in der Losgrößen von einem Stück angestrebt werden, könnten den Mitarbeitern Spezifikationen für die jeweiligen Werkstücke zur Verfügung gestellt werden.

In diesem Bereich mangelt es im Vergleich zu den vollkommen abschließenden Virtual-Reality-Brillen aber nicht nur an ausgereifter Hardware, sondern auch an Schnittstellen, die die vorhandenen Daten im Unternehmen entsprechend aufbereiten, sagt Wolfartsberger.

Als Werkzeug für die kontextbezogene Einblendung von Informationen dienen in der Praxis vor allem Tablets. Selbst bei relativ ausgereiften Augmented-Reality-Brillen wie Microsofts Hololens ist es noch kaum vorstellbar, sie den ganzen Arbeitstag lang zu tragen.

Am Standort Steyr der FH Oberösterreich sichten Wolfartsberger und Kollegen in dem fünfjährigen Projekt Technologien und Anwendungsfälle im Bereich Virtual und Mixed Reality, um daraus entsprechende Geschäftsmodelle abzuleiten. Dasselbe machen Kollegen am Standort Wels beim 3-D-Druck von Metallobjekten. In Hagenberg wird dagegen auf vorausschauende Instandhaltung und die Analyse von großen Mengen an Sensor- und Maschinendaten fokussiert. Auf diese Art sollen die vielbeforschten Technologien schneller ihren Weg in die unternehmerische Praxis finden. (Alois Pumhösel, 6.5.2017)