Krems – Gibt es einen österreichischen Weg in Sachen Industrie 4.0? Für Gerhard Kormann, der sich an der IMC Fachhochschule Krems mit internationaler Wirtschaft und "Digital Business Transformation" beschäftigt, sind die kommenden fünf Jahre entscheidend für den Standort. Der internationale Wandel der industriellen Fertigung wird dabei auch hierzulande einige Veränderungen nötig machen.

"Die deutsch-österreichische Tradition ist sehr ingenieursgetrieben. Automatisierung und Produktivität stehen im Vordergrund. Im angloamerikanischen Raum wird die Digitalisierung dagegen viel stärker aus dem Blickwinkel neuer Geschäftsmodelle gesehen", so Kormann. "Hier treffen zwei Kulturen aufeinander. Wir müssen von Amerika lernen."

Radikale Umbrüche

Österreich ist nicht das Land großer Konzerne, sondern vielfach Zulieferer. Die Wertschöpfungsketten bleiben aber nicht dieselben. Paradebeispiel ist die Autoindustrie mit ihrer Umstellung auf elektrische Antriebe. Kormann: "Angesichts der radikalen Umbrüche muss man sich neu erfinden. Viele werden an einem neuen Ort in der Wertschöpfungskette in neuer Form mitspielen."

Es geht in Richtung Spezialisierung. Doch die gegenwärtige Logik in Österreich widerspreche diesem Trend noch, konstatiert der Wirtschaftsforscher. "Viele Unternehmen waren bisher mit einer starken vertikalen Integration erfolgreich. Das hat die Unternehmen flexibel gemacht und ließ sie schnell auf die Märkte reagieren." Künftig werde aber die Anforderung entstehen, nicht alles selber zu machen, sondern die betriebliche Wertschöpfungskette zu entflechten und entsprechende Kooperationspartner zu finden.

Neue Formen von Kooperationen

Österreichs industrielle Landschaft ist besonders divers mit Leitbetrieben in sehr unterschiedlichen Branchen. Kormann ist einer der Initiatoren des Projekts "Enterprise 4.0", das vor diesem Hintergrund neue Formen von Kooperationen entstehen lässt: "Wir wollen die Diversität nutzen und Stärken kombinieren." Der Luftfahrt-Instandhalter Test-Fuchs und das Glücksspielunternehmen Novomatic haben auf den ersten Blick kaum Gemeinsamkeiten. Doch die gemeinsamen Fragestellungen der Digitalisierung, etwa wie man Wartung zum Geschäftsmodell macht, bringen sie beide in dem Projekt zusammen, gibt Kormann ein Beispiel. (pum, 7.5.2017)