Das wäre es gewesen: Wenn schon vor fünf Wochen der Machtwechsel an der Saar nicht geklappt hat, dann sollte auf jeden Fall für die Sozialdemokraten die Wahl in Schleswig-Holstein zum Freudentag werden. Dort regierte bisher recht bequem und unspektakulär Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) in einer Ampel mit den Grünen und der dänischen Minderheit.

Es hätte dort gut so weitergehen können – aus Sicht der Sozialdemokraten in Bund und Land. Vielen schwebte sogar schon eine Verknappung im Koalitionsbündnis vor. Man könnte, bei besonders gutem Abschneiden, ja den Südschleswigschen Wählerverband (SSW) in die Opposition schicken und allein mit den Grünen weitermachen, davon zumindest träumte so mancher Sozialdemokrat und beschwor den frischen Wind des "Schulz-Zuges", mit dem SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz durch das Land zwischen Nord- und Ostsee tourte.

Doch leider: In Saarbrücken hielt der Schulz-Zug gar nicht, in Schleswig-Holstein erreichte er schnaufend den Kieler Bahnhof, allerdings deutlich hinter der CDU und deren Spitzenkandidaten Daniel Günther, den so mancher CDU-Wähler eigentlich gar nicht kennt. Nach zwei Landtagswahlen – an der Saar und an der Waterkant – muss Schulz erkennen: Irgendwas läuft schief.

Mit Furor und 100 Prozent Zustimmung war er vor einigen Wochen als SPD-Kanzlerkandidat und SPD-Chef in den Ring gestiegen, um Amtsinhaberin Angela Merkel nach zwölf Jahren im September aus dem Kanzleramt zu jagen. Zwar hat es Schulz geschafft, die SPD restlos zu begeistern und hinter sich zu versammeln. Keine Frage, das ist eine Leistung. Noch vor wenigen Monaten lag die Partei in Umfragen zehn Punkte hinten, zweifelte an ihrem Vorsitzenden Sigmar Gabriel und an sich selbst.

Aber in Wahlergebnissen wirkt sich diese Begeisterung nicht so aus, wie es sich die Genossen wünschen. Natürlich kann man eine Landtagswahl nicht eins zu eins mit einer Bundestagswahl vergleichen. Aber Anhaltspunkte gibt es allemal, und da müssen die Sozialdemokraten erkennen: Der Trend ist mittlerweile kein Genosse mehr. Der Reiz des Neuen hat sich verflüchtigt, zudem trägt Schulz auch selbst zu einer Rollenverteilung bei, die nicht im Sinne der Sozialdemokraten sein kann: Merkel diniert mit Ivanka Trump, Merkel besucht Putin, Merkel ist zu Gast in Saudi-Arabien, Merkel erwartet in Kürze Barack Obama am Brandenburger Tor. "Wo ist Schulz?" lautet eine Frage, die man in Berlin immer öfter hört.

Schulz hat sich rargemacht. Da er nicht im Bundestag sitzt, hat er dort auch kein Rederecht. In Talkshows war er auch nicht zu sehen in letzter Zeit. Doch viele in Deutschland warten immer noch darauf, dass er seine politischen Pläne konkretisiert. Am heutigen Montag will er seine Agenda für den Mittelstand vorstellen. Es ist höchste Zeit für die Sozialdemokraten. Der Schulz-Zug braucht dringend neuen Schub. (Birgit Baumann, 7.5.2017)