Reinhold Mitterlehner und sein neuer Innenminister Wolfgang Sobotka am 10. April 2016.

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Reinhold Mitterlehner war nie ein starker ÖVP-Obmann in einer Parteistruktur, die keine mächtige Führung zulässt. Aber selbst schwache Parteichefs verfügen über bestimmte Machtinstrumente. So können sie entscheiden, wer mit ihnen in der Regierung sitzt – und können ohne Zustimmung der Gremien bestimmte Kandidaten zurückweisen. Die Landeschefs haben zwar viel Einfluss, aber kein formales Mitspracherecht.

Am 10. April 2016 hat der damalige niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll Innenministerin Johanna Mikl-Leitner aus der Regierung abgezogen und sie durch seinen Stellvertreter Wolfgang Sobotka ersetzt. Mitterlehner war darüber nicht erbaut, weil es auch den Bundespräsidentschaftswahlkampf störte. Aber er nahm es hin.

Und das war ein Kardinalfehler.

Ab diesem Zeitpunkt war es klar, dass der Bundesparteiobmann und Vizekanzler nicht einmal über sein eigenes Regierungsteam bestimmen kann. Von diesem Augenblick an hatte niemand mehr in der Partei Angst vor ihm; seine Autorität war dahin. Sobotka genauso wie Klubobmann Reinhold Lopatka und andere konnten auf seiner Nase herumtanzen und die von ihm gewünschte Zusammenarbeit mit der SPÖ jederzeit stören. Und das taten sie auch zur Genüge.

Sobotka ist nicht geeignet

Im Nachhinein ist man immer klüger, und es mag für einen Parteichef schon vernünftig sein, manchen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Aber Mitterlehner hätte Sobotka damals zurückweisen sollen. Nicht nur, weil der cholerische Niederösterreicher weder fachlich noch von seinem Temperament her für das sensible Ministeramt geeignet war. Es ging auch um die Rolle Prölls und die der anderen Landeshauptleute.

Mitterlehner hätte Mikl-Leitner ziehen lassen müssen, aber sich dann einen anderen Innenminister suchen können. Das war sein gutes Recht. Er hätte damit Pröll in die Bredouille gebracht – und ihm seine Grenzen aufgezeigt. Das hätte die Machtbalance zwischen Bundespartei und Landesgruppen wieder in Richtung Wien verschoben.

Parteichef ohne Killerinstinkt

Doch dem Mühlviertler fehlte dieser Killerinstinkt, er hat den richtigen Augenblick verpasst. Das war der Anfang von seinem Ende. Pröll hat nach seinem Neffen Josef einen zweiten Bundesparteiobmann gestürzt – im letzteren Fall noch aus seinem politischen Grab heraus.

Der neue Parteichef braucht nicht unbedingt veränderte Strukturen. Es reicht, wenn er im richtigen Augenblick mit einer gewissen Brutalität seine Macht ausspielt. Auch das gehört zur Politik dazu. (Eric Frey, 12.5.2017)