Wien – Mehr Wachstum, weniger Arbeitslose, geringere Schulden: Es ging der Eurozone schon einmal schlechter. Die EU-Kommission hat am Donnerstag ihre Wachstumsprognose für den gemeinsamen Währungsraum leicht angehoben. Anstatt 1,6 Prozent soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2017 um 1,7 Prozent zulegen. "Das Wachstum gewinnt an Fahrt", sagte der für den Euroraum zuständige Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis.

Österreich liegt dabei exakt im Trend, die heimische Prognose wurde ebenfalls von 1,6 auf 1,7 Prozent angehoben. Auch die Arbeitslosigkeit soll nach einer langen Phase des Anstiegs wieder zurückgehen.

Die wichtigen internationalen Organisationen und Wirtschaftsforschungsinstitute haben für Österreich divergierende Prognosen abgegeben.

Pessimistischer IWF

Am pessimistischsten ist der Internationale Währungsfonds (IWF), der für heuer 1,4 Prozent Wachstum erwartet. Das Institut für Höhere Studien (IHS) rechnet mit 1,7 Prozent. Deutlich darüber liegt das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo: Dort erwarten die Ökonomen, dass die Wirtschaftsleistung heuer um zwei Prozent zulegt. Woher kommen die Unterschiede, ist das Wirtschaftsforschungsinstitut zu optimistisch?

Nein, sagt der Wifo-Ökonom Stefan Schiman. Basis der Wifo-Schätzung ist, dass der Aufschwung in Österreich derzeit von vielen Faktoren getragen ist. Neben Konsum und Investitionen zog zuletzt auch die Exportwirtschaft an. Schiman sagt, dass man sogar vorsichtig war, die zwei Prozent könnten seiner Meinung nach in Österreich sogar noch überboten werden. Denn die Konjunktur habe in den vergangenen Monaten eher positive als negative Überraschungen geliefert.

Ein Beispiel: 2016 hatte noch die Steuersenkung dafür gesorgt, dass der Konsum angezogen hat. Das Wifo ging davon aus, dass dieser Effekt nachlässt und die Kauflaune der Konsumenten sich heuer wieder eintrübt. Doch genau das ist laut Schiman nicht geschehen, der Konsum hat zuletzt weiter angezogen.

Optimistisches Wifo

Laut einem diese Woche veröffentlichen Wifo-Konjunkturbericht sind auch jene Indikatoren, die die Stimmung unter Konsumenten und Unternehmen messen, auf einem Langzeithoch.

Angesichts der optimistischen Indikatoren hält auch Helmut Hofer vom IHS es für möglich, dass die Konjunktur in Österreich stärker anzieht, als von seinem Institut erwartet. Dennoch bleibt er vorsichtig: Es könne natürlich auch sein, dass die Entwicklung in Österreich derzeit überschätzt wird.

Die EU-Kommission beurteilt indes auch die Aussichten am heimischen Arbeitsmarkt besser. So soll die Arbeitslosigkeit heuer bei 5,9 Prozent liegen – bisher wurden 6,1 Prozent vorhergesagt. Lediglich beim Defizit bahnt sich eine Verschlechterung an. So wird für 2017 ein Anstieg von vorher prognostizierten -1,2 auf nunmehr -1,3 Prozent vorausgesagt. Für 2018 sieht die Frühjahrsvorausschau statt -0,9 nun ein Defizit von -1,0 Prozent für die Alpenrepublik vor.

Ungarn und Rumänien stechen hervor

Im europäischen Vergleich rechnet die Kommission vor allem für Ungarn und Rumänien mit starkem Wachstum, aber die Wirtschaft boomt auch in Irland. Kein Licht am Ende des Tunnels gibt es für Italien, wo das Wachstum heuer bei mageren 0,9 Prozent liegen soll. (szi; APA, 12.5.2017)