Das Direktorenduo Stella Rollig und Wolfgang Bergmann präsentierte seine Pläne für das Belvedere.

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Wien – Gegen die Hartnäckigkeit des Wiener Volksmundes ist bekanntlich kein Kraut gewachsen. Und so darf auch das Belvedere seinen von Ex-Direktorin Agnes Husslein-Arco hervorgekehrten italienischen Wortstamm ignorieren und wieder traditionell pseudofranzösisch, also ohne "e" am Schluss, gerufen werden. Neben dem phonetischen Detail schweben dem vor vier Monaten angetretenen neuen Direktorenduo Stella Rollig und Wolfgang Bergmann aber noch weitere Veränderungen für die Österreichische Galerie vor. Am Dienstag präsentierten sie die Leitlinien ihrer vorerst fünfjährigen Amtsperiode.

Das Konzept umfasst sowohl bauliche als auch inhaltliche und wirtschaftliche Bereiche. Zentral: Der Fokus auf rein quantitative Besucherrekorde soll einer qualitativen Offensive im Bereich der Vermittlung und Forschung weichen. "Wir wollen die Perspektive drehen", so Rollig. Wichtig sei weniger die Frage, wie viele Besucher man hat, sondern "wie gehen die Menschen wieder aus dem Museum hinaus? Was nehmen sie mit von ihrem Besuch?"

Geradliniger durch die Epochen

Wolfgang Bergmann, der seine Vergangenheit als Geschäftsführer des STANDARD noch gut erinnerlich zu haben schien, verwies erneut auf die digitalen Umwälzungen im Medienbetrieb, denen auch Museen Rechnung tragen müssten. Abgesehen von Obligatorischem wie Webauftritt oder digitaler Unterstützung bei Führungen müsse man auch "Dinge im Digitalbereich entwickeln, die wir noch nicht kennen".

Handfester klingen die Umbaupläne für das Obere Belvedere, die "Cashcow" des Museumskomplexes, mit der das Untere Belvedere und das 21er-Haus im Schweizergarten querfinanziert werden. Notwendig sei ein "Fitnessprogramm", so Bergmann, um die rund 800.000 Besucher jährlich, die u. a. Gustav Klimts Kuss lockt, weiter stemmen zu können. Verbesserungen soll es auf allen Ebenen, vom Ticketing über Klima, IT und Sicherheit geben. Rollig will auch die Sammlung neu hängen, geradliniger durch die Epochen führen und thematisch vertiefen. Eine kolportierte Kostenexplosion beim Umbau der Büroräumlichkeiten verwies Bergmann ins Reich der Mythen. Alle Veränderungen seien "budgetär gedeckt".

Mehr Profil, länger offen

Das Untere Belvedere soll wie bisher für Wechselausstellungen genutzt werden, nicht aber um Gegenwartskunst zu zeigen, sondern um der eigenen Forschung mehr Raum zu geben. Das hausinterne Research-Center wird hierzu aufgewertet. Die Gärten will man stärker miteinbeziehen, etwa mit Freiluftkino im Sommer.

Große Veränderungen sind beim 21er-Haus geplant. Rollig will den von Agnes Husslein zunehmend in Konkurrenz zum Museum moderner Kunst positionierten Standort neu definieren. Mit einem interdisziplinären Fokus auf österreichische Kunst von 1960 bis heute soll das Haus zu einem "sozialen Hotspot" und "Heimathafen" der Wiener Kunstszene werden. Konkret geplant: ein neuer Eingang zwischen Skulpturenpark und Schweizergarten und Gastronomie, wo man auch gerne auf ein "Afterwork-Bier" geht, wie Rollig anschaulich verdeutlichte. Folgerichtig werden die Öffnungszeiten ausgeweitet. Lockerungen gibt es indes auch an anderer Stelle: Das Fotoverbot fällt, das Klimt-Selfie lebt! (Stefan Weiss, 24.5.2017)