Für die F-Frage hätte Christian Kern noch ein Jahr mehr Zeit gut gebrauchen können. Wäre erst beim ursprünglichen Termin im Herbst 2018 gewählt worden, hätten die Roten die innerparteiliche Diskussion über einen Kriterienkatalog und die blaue Koalitionsoption in Ruhe zu Ende diskutieren können.

Nun muss alles schneller gehen. Der Vorschlag, den mehrere SP-Landeschefs nun aufs Tapet gebracht haben, ein etwaiges Koalitionsabkommen mit den Freiheitlichen der Parteibasis im Rahmen einer Urabstimmung vorzulegen, hat daher durchaus Charme. Jeder und jede in der SPÖ muss dann Farbe bekennen. Niemand könnte sich darauf ausreden, dass "die da oben" alles im Alleingang entschieden haben. Sagen mehr als 50 Prozent Ja, müsste das Ergebnis von allen, die sich Demokraten nennen, akzeptiert werden.

Für die Parteispitze ist das aber natürlich auch ein Spiel mit dem Feuer. Momentan mag es SPÖ-intern eine Mehrheit für Rot-Blau geben. Das Thema emotionalisiert aber wie kaum ein anderes und eignet sich somit perfekt für innerparteiliche Kampagnen der Gegner einer Zusammenarbeit. Sollte sich wieder einmal ein blauer "Einzelfall" im rechtsextremistischen Umfeld ereignen, kann die Stimmung ganz schnell kippen. Für Kern wäre das der ultimative Super-GAU: Er legt einen fixfertigen Koalitionspakt mit der FPÖ vor, und die Partei sagt Nein. In diesem Fall wäre dann wohl auch der SPÖ-Chef Geschichte. (Günther Oswald, 26.5.2017)