Es muss nicht immer Berlin sein, das wusste schon der deutsche Exkanzler Gerhard Schröder. "Dieses Land wird unter meiner Führung für Abenteuer nicht zur Verfügung stehen", stellte er im August 2002 bei einem Wahlkampfauftritt in Hannover klar und verärgerte damit US-Präsident George W. Bush zutiefst. Die Deutschen aber dankten Schröder die Weigerung, sich militärisch im Irak zu engagieren. Im Herbst 2002 gewann er die Bundestagswahl, obwohl seine SPD lange geschwächelt hatte. Nun wandelt Angela Merkel auf Schröders Spuren und liest US-Präsident Donald Trump in einem bayerischen Bierzelt, ganz nah beim Volk, die Leviten.

Dass das bei Trump Nachdenklichkeit auslöst, kann ausgeschlossen werden. Aber das war auch nicht Merkels Intention. Sie hat – frustriert vom Treffen mit Trump im Rahmen des G7-Gipfels in Taormina – geschickt die Gelegenheit genutzt, um für sich Wahlkampf zu machen: Seht her, ich biete Trump die Stirn – und mich als starke europäische Alternative zu seiner Politik an.

In Deutschland, wo Trump noch unbeliebter ist als Bush junior, kommt das gut an. Merkel kann jetzt ihre europäische Karte spielen und sich als Retterin der freien Welt feiern lassen. Fast tut einem ihr sozialdemokratischer Herausforderer Martin Schulz schon leid, für den beim emotionalen Thema Trump wohl nicht einmal mehr nur Brotkrümel als Wahlkampfnahrung übrig bleiben werden. (Birgit Baumann, 30.5.2017)