Die Familienbeihilfe für Kinder in Rumänien ist deutlich gestiegen. Hier gibt es Familien mit besonders vielen Angehörigen.

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Berlin/Wien – Die Debatte über die Kürzung von Kindergeld für EU-Ausländer nimmt in Deutschland wieder Fahrt auf. Berlin will ja wie Wien die Leistungen für im Ausland lebende Kinder von in Deutschland und Österreich arbeitenden EU-Bürgern an das dortige Preisniveau anpassen. Allerdings sind die Bemühungen durch den Widerstand der EU-Kommission gebremst worden.

Nun kommt wieder Schwung in die Debatte. Das deutsche Finanzministerium will nämlich eruiert haben, dass bei den Transfers einiges im Argen liegt. Es lägen "aus Stichproben und Überprüfungen Erkenntnisse über die missbräuchliche Beantragung von Kindergeld vor", heißt es in einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage im Bundestag, über die die Bild-Zeitung berichtete. Erkennbar sei "ein Anstieg von Leistungsmissbrauch in organisierter Form".

Neue Forderung nach Kürzung

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit zahlte Deutschland im vergangenen Jahr 537 Millionen Euro Kindergeld für 168.400 im EU-Ausland lebende Kinder. Die Zahl der begünstigten Kinder hat sich demnach seit 2010 verfünffacht. In der CDU gebe es daher neue Forderungen, das Kindergeld auf die im jeweiligen Ausland geltenden Sätze zu kürzen, schreibt die Zeitung.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten im EU-Parlament, Herbert Reul, wirft der EU-Kommission vor, mit ihrem Widerstand dagegen dem Missbrauch Tür und Tor zu öffnen: "Offensichtlicher Sozialmissbrauch muss unterbunden werden können", sagte er der Bild.

132.000 Kinder im Ausland unterstützt

Das Thema spielt auch in Österreich eine Rolle, vor allem von ÖVP-Seite erschallt der Ruf nach einer Indexierung des Kindergelds. Auch hierzulande ist die Dynamik bei den Kosten der Familienleistungen unübersehbar. Flossen 2015 noch rund 250 Millionen Euro an Familienleistungen in EU- oder EWR-Staaten, waren es im Vorjahr schon 273 Millionen Euro.

Zum Vergleich: 2013 kostete die Leistung noch 191,6 Millionen. Unterstützt wurden laut Familienministerium im Vorjahr 132.000 Kinder, 2015 waren es 122.000. Ministerin Sophie Karmasin (ÖVP) erhofft sich durch eine Anpassung der Leistungen an die Lebenshaltungskosten der Herkunftsländer 100 Millionen Euro an Einsparungen pro Jahr.

Der Zuwachs bei der Familienbeihilfe hängt in erster Linie mit dem Zuzug osteuropäischer Fachkräfte nach Österreich zusammen, die somit auch Anspruch auf Leistungen für Kinder in ihrem Herkunftsland haben. Stark zugenommen haben die Transfers nach Ungarn, die von 64 auf 80 Millionen Euro stiegen. Dahinter rangieren die Slowakei, deren Zuschuss von knapp 60 auf gut 63 Millionen stieg. Die Überweisungen nach Rumänien legten von 27 auf 32 Millionen Euro zu.

Großfamilien profitieren

Keine klaren Antworten waren am Dienstag auf die Frage zu bekommen, ob es auch in Österreich Missbrauchsfälle oder gar organisierten Sozialbetrug gebe. Allerdings beinhaltet die Statistik des Familienressorts einige Fälle, die hervorstechen. In Rumänien wird beispielsweise eine Familie mit 13, eine weitere mit zwölf und wieder eine mit zehn Kindern unterstützt. Drei Fälle mit neun Kindern gibt es nicht nur in Rumänien, sondern auch in der Slowakei. Ein Indiz für Missbrauch stellt die hohe Kinderzahl freilich nicht dar. (as, 30.5.2017)