Die Chancen, dass Umweltfragen wie der Klimawandel im Nationalratswahlkampf thematisiert werden, stehen schlecht.

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Zwei der wichtigsten Schlagzeilen dieser Tage: Die USA werden allem Anschein nach demnächst aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen, und die Europäische Kommission drängt auf eine EU-weite kilometerabhängige Maut.

Die Chancen stehen dennoch schlecht, dass Umweltthemen im Nationalratswahlkampf eine zentrale Rolle spielen werden. Wie die Grafik unten zeigt, nimmt Umweltpolitik in den jüngeren Wahlprogrammen der Parteien nur relativ wenig Platz ein. Ausnahmen sind – wie zu erwarten – die Grünen, aber auch die Neos.

Das war nicht immer so. Mit dem Erstarken der Umweltbewegung ab den Siebzigern werden grüne Themen relevanter. Zunächst ist es vor allem die FPÖ, die sich hier hervortut. Im Jahr 1986 ziehen dann die Grünen ins Parlament ein. Die Reaktion von SPÖ und ÖVP bleibt nicht aus: Bei der nächsten Nationalratswahl sind Umweltfragen integraler Bestandteil ihres programmatischen Angebots. Eine von fünf (SPÖ) beziehungsweise sechs (ÖVP) Aussagen in den Wahlprogrammen der beiden Großparteien widmet sich der Umweltpolitik.

Dieser Effekt war aber nicht von Dauer: So plötzlich die grüne Agenda Prominenz gewonnen hatte, so schnell war sie Mitte der Neunziger auch wieder verschwunden. Sozial- und wirtschaftspolitische Fragen waren wieder stärker in den Mittelpunkt der Debatte gerückt (und natürlich der EU-Beitritt).

Dieses Beispiel veranschaulicht eine wichtige Dynamik im politischen Wettbewerb: Parteien reagieren programmatisch darauf, wenn die Konkurrenz mit neuen Themen erfolgreich ist – aber diese Reaktionen müssen nicht nachhaltig sein.

In Österreich ist zudem relevant, dass es von der Atompolitik bis zur Gentechnik zumindest oberflächlich einen breiten nationalen Konsens gibt. Damit gibt es weniger Konfliktpotenzial und weniger Bedarf an öffentlicher Auseinandersetzung mit und Thematisierung von umweltpolitischen Inhalten.

Kein Wunder also, dass selbst in den Wahlprogrammen der Grünen die Bedeutung von Umweltfragen bis etwa 2002 sinkt – ein Luxus, den man sich leisten konnte, hatte man grüne Themen doch erfolgreich politisch besetzt. Erst ab 2006 setzt bei den Grünen eine stärkere Rückbesinnung auf ihr Kernthema ein.

Bis zu einem gewissen Grad kann man es den Parteien aber nicht verübeln, dass Umweltpolitik in ihren Programmen meist recht wenig Platz einnimmt. Wie Eurobarometer-Umfragen zeigen, liegt der Anteil der Personen, die Umweltfragen als eine der zwei wichtigsten Herausforderungen in Österreich identifizieren, seit Jahren im einstelligen Bereich. Im November 2016 waren es acht Prozent. Damit allein lässt sich in aller Regel keine Wahl gewinnen. Wohl auch nicht im Herbst 2017. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 1.6.2017)