Ein Schülerteam aus Waidhofen sicherte sich heuer mit dieser mitwachsenden Armprothese mit austauschbaren Einzelteilen aus dem 3D-Drucker den ersten Platz in der Designsparte.

Foto: AWS, Cardamom/Peter Rauchecker

Wien – Die Situation ist für die Schülerinnen und Schüler noch ein bisschen ungewohnt: Wie bei einer Messe reihen sich in der Aula der Wissenschaften in der Wiener Innenstadt die Stände der Projektteams aneinander. Hinter den schmalen Tischen stehen Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren, manche tragen Anzug. Insgesamt sind es 30 Teams aus ganz Österreich, die sich für das Bundesfinale des hier stattfindenden Wettbewerbs Jugend Innovativ qualifiziert haben.

Flaniert man die Stände entlang, hört man alle paar Meter einen anderen Dialekt. Die jungen Erfinderinnen und Erfinder präsentieren den Besuchern eifrig ihre Projekte und Ideen. Thematisch ist für fast jeden etwas dabei: von der zündenden Idee, dank der ein Bauer nun auch unter dem Elektrozaun maschinell mähen kann, über eine liebevoll gestaltete App für junge Geflüchtete, die diese beim Spracherwerb unterstützt, bis hin zum Dämmstoff, aus dem jeder Häuslbauer geruchsarmen Dünger produzieren kann.

Raus aus dem Klassenzimmer

Der von Bildungs- und Wissenschaftsministerium und der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (AWS) vor drei Jahrzehnten ins Leben gerufene Wettbewerb soll Schulprojekte aus dem Klassenzimmer holen und einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren. Die heuer vertretenen 30 Projektteams stellen eine Auswahl aus mehr als 463 Einreichungen von Schulprojekten aus ganz Österreich dar. In den fünf Kategorien Science, Design, Engineering, Young Entrepreneurs und Sustainability wurden am Freitag vergangener Woche insgesamt 33.000 Euro Preisgeld vergeben.

Vor allem technische Schulen sind hier vertreten; einige der Lehrer, die Projekte betreuen, haben in den vergangenen Jahren mehrfach an Jugend Innovativ teilgenommen. Viele Schüler bringen ihre Diplomprojekte mit zum Bewerb.

So wie auch Manuel Kalus von der HTL Mödling. Er hat mit seinen Kollegen einen kostengünstigen Kollisionsdetektor für Roboter entwickelt. Außer einem Fahrradschlauch, zwei Sensoren, Schlauchklemmen und etwas Elektronik braucht man dafür nicht viel, die Kosten liegen bei 40 Euro, schätzt Kalus und lacht: "Da ist die Arbeitszeit nicht mitgerechnet." Etwas stressig sei es in letzter Zeit schon gewesen, weil die Matura in die Zeit des Wettbewerbs fällt. Trotzdem ist Kalus zufrieden: "Das Bundesfinale ist ein Riesenschritt bei der großen Zahl an Bewerbern, wir sind mindestens auf Platz fünf. Schauma mal, uns kann eh nix passieren."

Fruchtbares Fachsimpeln

Das Bundesfinale ermöglicht gegenseitiges Beschnuppern, die Schüler präsentieren ihre Projekte und fachsimpeln miteinander. Freundschaften werden geschlossen ("Mit der HTL Rennweg sind wir schon gut"), Kritik wird angebracht ("Die HTLs haben zu wenig Geld und veraltete Ausrüstung") und manche Innovation verflucht ("Gäbe es heute noch keine 3D-Drucker, müsste man sich mehr anstrengen!").

Auch heuer wurden ehemalige Teilnehmer als Role Models eingeladen. Die Designerin Bianca Busetti etwa, die mit einer Reisetagebuch-App durchstartete. Sie lobt vor allem, dass der Wettbewerb die Möglichkeit zum spielerischen Umgang mit Projektarbeit bietet: "Man kann auf großer Bühne sein Projekt präsentieren. Das hat mir Selbstvertrauen gegeben, das auch für die Arbeit später wichtig war."

Diese Möglichkeit hat auch Sandra Matkovic genutzt, die gemeinsam mit Kollegen des IT-Zweigs der HTL Ottakring eine Handy-Applikation erarbeitet hat, mit der junge Flüchtlinge Sprache lernen können. Den jungen Entwicklern war es vor allem wichtig, dass Menschen ohne Vorkenntnisse und Analphabeten die App benutzen können. So ertönt etwa im Vokabeltraining das Wort für einen Gegenstand immer laut am Handy – gelesen von einer elektronischen Stimme.

"Wir haben das Projekt komplett in unserer Freizeit entwickelt", spricht sie das Zeitproblem an, das viele jugendliche Entwickler hatten. Seit dem neuen Zentralmatura-Gesetz findet die Arbeit an den Diplomprojekten nämlich nicht mehr im Rahmen der Schulstunden statt; früher waren dafür vier Wochenstunden vorgesehen. Die Begeisterung bei Matkovic ist aber ungebrochen: "Wir fühlen uns als Erfinder."

Dünger aus Zeitung

Der Düsentrieb'sche Geist hat auch eine Gruppe der HBLA Ursprung aus Elixhausen in Salzburg erfasst. Sie hat ein System entwickelt, das gedruckte Zeitungen sinnvoll wiederverwertet. So werden die Zeitungsseiten, deren Fasern zu kurz sind für die Altpapierherstellung, zu Dämmstoff gehäckselt, der durch Verkohlung dann zu geruchsarmem Dünger weiterverarbeitet wird.

Das hat zwei Vorteile: Erstens steigt der Ernteertrag, und zweitens hemmt das im Dämmstoff enthaltene Bor den umherziehenden Gestank der Jauche. Bewertet wurden die angetretenen Teams von einer 26-köpfigen Expertenjury, die sich in jeder Kategorie auf einen Sieger einigen musste. Zu gewinnen gab es neben Preisgeldern auch Reisen zu internationalen Erfindermessen und Wettbewerben.

In der Kategorie Science konnte ein Duo der HTL Wels mit einem Projekt im Bereich künstliche Intelligenz ("Wie Computer Lernen lernen") den ersten Platz belegen. In der Designsparte war es ein Team aus Waidhofen, das sich mit einer mitwachsenden Armprothese mit austauschbaren Einzelteilen aus dem 3D-Drucker den ersten Platz sicherte. In der Kategorie Engineering gab es gleich zwei erste Preise zu vergeben: an die HTL Jenbach, die ein Palettensystem für innerbetriebliche Transporte entwickelte, und an die IT-HTL Ybbs. Dieses Team hat einen Football-Helm designt, der die auf den Kopf einwirkenden Erschütterungen misst.

Die "grüne" Kategorie Sustainability ging heuer an die HTL Dornbirn, die einen effizienteren Prozess zur Herstellung von Biogas präsentierte. Als letztes Siegerteam wurde in der Kategorie Young Entrepreneurs eine Gruppe junger Erfinder einer Halleiner Schule gekürt. Sie hatten sich in ihrem Projekt auf das Verkaufen von – wie könnte es bei diesem Heimatort anders sein – Salz spezialisiert. Mittlerweile ist "Salzwerk" sogar eine eigene Firma, produziert werden die ausgefallenen Mischungen wie Winterbeerensalz oder Pommessalz in der Schule. Das Konzept gehe wirtschaftlich auf, sagt Sascha Hellweger von "Salzwerk": "Man kann guten Gewinn machen." (David Tiefenthaler, 7.6.2017)