Eines von mehreren Solarkraftwerken, die Wien Energie unter Einbindung von Kunden errichtet hat, im Bild jenes in Liesing.

Foto: Michael Luger

Wien – Wien Energie geht mit der neuen Zeit, hat aber noch mit Altlasten zu kämpfen. Dazu gehören Pensionsrückstellungen, die das Unternehmen im Zuge der Ausgliederung von der Stadt Wien übernommen hat. Wegen der Niedrigzinsen müssen diese ständig nachdotiert werden, auch 2017.

Das Ergebnis wurde wegen der Nachschusspflicht im ersten Quartal um rund 20 Millionen gedrückt. Nach 66 Millionen im Vergleichszeitraum des Vorjahrs schrieb Wien Energie einen Gewinn (Ebit) von 48,2 Millionen Euro.

Das Ergebnis ist aber insofern verfälscht, als 2016 keine unterjährige Dotierung der Pensionsrückstellungen stattfand. Bisher hat Wien Energie jeweils am Ende des Geschäftsjahres Vorsorgen getroffen und Geld nachgeschossen.

"Wir haben uns zu mehr Transparenz entschlossen", sagte Wien-Energie-Chef Michael Strebl dem STANDARD. Das betreffe das Unternehmen insgesamt, auch die Besetzung von Führungspositionen.

"Kulturschock"

Erstmals wird dieser neue Geist im Vertrieb spürbar. Strebl spricht von einem "Kulturschock", nachdem sechs Führungspositionen – ein Hauptabteilungsleiter und fünf Führungspositionen darun ter – ausgeschrieben worden sind. "Viele dachten an Schiebung und dass die Person bereits feststehe. Ich habe gesagt, ich weiß genau, wer es wird: Wir nehmen den oder die Beste", sagte Strebl.

Insgesamt haben sich 161 Personen beworben, sieben aus dem Haus, 154 von außerhalb. In einem vierstufigen Verfahren wurden Kandidaten von einem externen Personalbüro auf Herz und Nieren geprüft. Zehn wurden schließlich zu einem Hearing geladen. Das Ergebnis wird in ein bis zwei Wochen erwartet.

Mit der Reorganisation will Wien Energie Schlagkraft gegenüber der stärker werdenden Konkurrenz gewinnen. "Im Großraum Wien gibt es über alle Sparten hinweg über 100 Mitbewerber. Wir sind die Einzigen, die Strom, Gas, Fernwärme, Fernkälte, Telekommunikation und Dienstleistungen aus einer Hand anbieten können", sagte Strebl. Mit der bisherigen Organisationsstruktur aber sei man sich oft selbst im Weg gestanden. Eine Gruppe habe Strom und Gas verkauft, eine andere Fernwärme und Fernkälte, eine dritte Telekommunikation und eine vierte habe sich um Fotovoltaik und Bürgerbeteiligungsmodelle gekümmert. Nun werden Vertrieb samt Marketing aus den einzelnen Abteilungen herausgezogen und in einer Einheit gebündelt. Betroffen sind rund 150 Mitarbeiter.

Mitarbeiterzahl sinkt

"Wenn jemand ein Haus baut oder umzieht, ist die Chance groß, dass er oder sie den Lieferanten wechselt", sagte Strebl. "Diese Situation wollen wir in Zukunft verstärkt nützen, um Kunden zu akquirieren." Mittels Sozialplans soll die Zahl beamteter Mitarbeiter bis Oktober nächsten Jahres von derzeit gut 500 auf etwa 400 sinken. Insgesamt beschäftigt Wien Energie derzeit rund 2500 Mitarbeiter.

Per saldo werde man weiter schrumpfen, in Bereichen wie Telekom, IT oder Vertrieb aber sogar mehr Mitarbeiter aufnehmen, zum Teil mit ganz neuem Jobprofil. Während der Gewinn im ersten Quartal gesunken ist, verzeichnete Wien Energie dank der Kälte im Jänner ein Umsatzplus von 17,2 Prozent auf 390,1 Millionen. Auch der Vertrieb hatte mehr zu tun. (Günther Strobl, 9.6.2017)