Markus Spatzier betreibt die Tiroler Manufaktur Herzblut. In seiner Wohnung über seinem Geschäft am Stadtplatz in Schwaz umgibt sich der Modedesigner mit Reliquien, Trophäen und upgecycelten Möbeln.

"Eigentlich wollte ich an der Rückwand im Wohnzimmer einen realistischen Zypressenwald malen. Ein ziemlich ambitioniertes Ziel. Das schafft vielleicht ein professioneller Zypressenmaler, aber ich bin, wie man unschwer sieht, kläglich gescheitert. Aus der realistischen Darstellung wurde nun eine abstrakte Sprühorgie, die mehr an eine misslungene Thujenhecke als an toskanische Zypressen erinnert. Mein Lebensgefährte Michael findet das aufgemalte Gestrüpp schrecklich. Was soll's. Immerhin habe ich die Bestätigung, dass ich im Modedesign wahrlich mehr Talent als im Zypressensprühen habe.

"Ich beschäftige mich in meiner Arbeit gerne mit der Tiroler Mystik. Das spiegelt sich auch im Wohnen wider." Markus Spatzier in seinem nicht ganz so gelungenen Zypressenhain.
Foto: Günter Richard Wett

Was das Wohnen abseits meines Zypressenhains betrifft, so würde ich meinen Stil als traditionell, verspielt und schon auch irgendwie morbid bezeichnen. Ich habe ein Faible fürs Gruftige, sowohl beim Wohnen als auch beim Arbeiten. Ich habe mich schon oft gefragt, woher das kommt. Schwer zu sagen. Ich beschäftige mich in meiner Arbeit gerne mit dem Tod. Ich finde den Tod sehr inspirierend. Das spiegelt sich auch in den Stoffen, Drucken und grafischen Motiven wider. In gewisser Weise bilden Mode und Wohnen eine gedankliche Einheit.

Ich habe Schädel von Widdern und Wühlmäusen, überall hängen, stehen und liegen Jagdtrophäen in allen erdenklichen Formen. Im Laufe der Zeit hat es sich ergeben, dass mich meine Freunde immer wieder mit irgendwelchen morbiden Funden beschenken. Von einem guten Freund habe ich kürzlich einen Haikiefer geschenkt bekommen, den ich dann zu einem dreidimensionalen Wandbild verarbeitet habe.

Außerdem ist die Wohnung voll von umgebauten und upgecycelten Möbeln. Ich habe eine alte Rundholzkommode aus den Vierzigerjahren, die ich mit einem Krokolederimitat kaschiert und anschließend schwarz hochglänzend lackiert habe. Solche Objekttransformationen erfüllen mich mit Freude, weil sie auch Sinn stiften. Außerdem habe ich alte Kameras, Telefonapparate, Schreibmaschinen, die einfach als Skulpturen im Raum verstreut sind. Viele Stoffe, die ich im Wohnen für diverse Accessoires, aber auch im Atelier für gewisse Kleidungsstücke verwende, habe ich aus einer Geschäftsauflösung in Schwaz angekauft. Da waren einige Schätze darunter.

Die Wohnung selbst hat 92 m2 und liegt im zweiten Stock direkt über meinem Betrieb. Im Erdgeschoß befindet sich das Geschäft, im ersten Stock ist die Werkstatt untergebracht, und im zweiten Stock ist mein Privatbereich. Das Haus liegt direkt am Stadtplatz in Schwaz, mitten im Geschehen, und ist für meine Bedürfnisse einfach perfekt. Alles unter einem Dach ... einfach perfekt.

Ich fühle mich in Schwaz extrem wohl. Ich mag den Ort. Er erinnert mich an die Geschichte meiner Familie. Schon meine Oma hat am Schwazer Stadtplatz gewohnt, als sie in jungen Jahren von Italien nach Tirol gekommen ist und hier als Hausmädchen gearbeitet hat. Der Platz hat wahnsinnig viel Atmosphäre, die Häuser rundherum sind mehrere Jahrhunderte alt und haben zum Teil sehr schöne Fassadenbilder. Aber so manches Geschäft steht leer. Es gibt einige junge Leute wie mich, die sich darum bemühen, der Stadt wieder etwas mehr Leben einzuhauchen.

Über der Tür im Wohnzimmer hängt die Sichel der Heiligen Notburga. Das ist die Heilige der Bauern. Ich bin nicht religiös, aber die Tradition und den Glauben zu Gott finde ich inspirierend. Trotz Sammelleidenschaft ist immer noch ausreichend Platz da – für allein, für zu zweit und auch mal für im Dutzend, wenn die Familie zu Besuch ist. Sogar in diesem kleinen Miniwohnzimmer!" (12.6.2017)