Bei den Innsbrucker Festwochen wird Claudio Monteverdi geehrt – mit der Premiere seiner Oper "Oper Il ritorno d'Ulisse in patria".

Foto: Berg

Innsbruck – Dass das sogenannte "schwache Geschlecht" eine Erfindung der männerdominierten Begriffs(er)findung ist und eigentlich sogar das viel stärkere: Das dürfte sich herumgesprochen haben. Bei den Innsbrucker Festwochen weiß man das sowieso: Da werden Frauen mit all ihren Facetten und Fähigkeiten, ihren Stärken und Schönheiten gefeiert.

Einer der weiteren Schwerpunkte des traditionsreichen Festivals ist heuer Claudio Monteverdi. Aus Anlass seines 450. Geburtstags (2017) wird dessen späte Oper Il ritorno d'Ulisse in patria als erste Premiere gezeigt. Im Titel des Werks wird Odysseus geführt, die mythologische Figur aus Homers Dichtung, der Kämpfer aus Ithaka, der vom Trojanischen Krieg erst nach Irrfahrten nach Hause findet. Im Handlungsgang des Librettos von Giacomo Badoaro ist allerdings Penelope, Odysseus' Gattin, die wichtigere Figur: In der Eingangsszene des ersten Aktes beklagt sie ihr Schicksal in einem dreiteiligen Lamento, zum Schluss schildert sie ihre Freude über die Wiederkehr ihres Gatten in einer komplexen Arie.

Gegenwartsnahe Deutung

Die Inszenierung von Ole Anders Tandberg wird Penelope noch mehr in den Mittelpunkt stellen: Man wird die verlassene Ehefrau an der Hochzeitstafel sitzen sehen, von der ihr Bräutigam vor langer Zeit in den Krieg aufgebrochen ist. Der Regisseur verspricht eine gegenwartsnahe Deutung, Festivalchef und Dirigent Alessandro De Marchi ergänzte die Melodien der Orchesterstimmen um kontrapunktische Verzierungen und fügte zwei Monteverdi-Kompositionen ein. Die Britin Christine Rice ist Penelope, Kresimir Spicer ist Ulisse (ab 10. 8.).

Auch Raritäten gibt es heuer – als Produktion der Barockoper: Jung. Im Innenhof der Theologischen Fakultät wird Reinhard Keisers Die römische Unruhe oder Die edelmütige Octavia zu erleben sein. Keiser, ein Konkurrent des jungen Händel an der Hamburger Oper am Gänsemarkt, brachte ein halbes Jahr nach dessen Nero 1705 ebenfalls ein Musiktheaterwerk heraus, das sich mit den Intrigen des Kaisers beschäftigte.

Die Geschichte endet hier positiv, Octavia übersteht die Anfeindungen ihres Gatten. Der Hörer wird bei Keisers Werk womöglich das eine oder andere Déjà-Entendu erleben: Händel hat sich bei seinem Kollegen bedient und einige Arien in seiner Londoner Zeit in eigene Opern eingebaut.

Stück zu Kaiser Nero

Bei den Produktionen der Barockoper: Jung sind ja immer etliche Preisträger des Cesti-Wettbewerbs dabei: Den Nero singt der Gewinner des vorjährigen Nachwuchswettbewerbs der Innsbrucker Festwochen, Norman Pearse; Sopranistin Suzanne Jerosme gibt die Gattin. Es inszeniert François de Carpentries (ab 22. 8.)

Auch bei den Ambraser Schlosskonzerten, den vier Antipasti zu den Hauptspeisen des Festwochenmenüs, wird sich des Themenbereichs "Frauen in der Musik" angenommen. Mariana Florès präsentiert bei Spiegelbild der Liebe mit der Cappella Mediterranea u. a. Stücke der Cavalli-Schülerinnen Barbara Strozzi und Antonia Bembo. Strozzi (1619- 1677) war die illegitime Tochter des venezianischen Dichters und Monteverdi-Librettisten Giulio Strozzi. Neben dramatischen Arien Cavallis wird Florès auch Gesänge Strozzis vortragen (1. 8.).

Gegen Ende der Festwochen, quasi im Dessertteil, widmet sich Ann-Beth Solvang auf Schloss Ambras der kretischen Königstochter Ariadne. Erst wird sie Ausschnitte aus Johann Adolph Scheibes Kantate Ariadne auf Naxos zu Gehör bringen, nach Joseph Haydns gleichnamiger Kantate folgt eine Trouvaille: Georg Anton Benda versuchte in seinem Duodrama für zwei Schauspieler und Klavier, den Stoff in eine neuartige Form zu gießen. Teile der Kritik reagierten 1772 begeistert. Salome Kammer und Henry Arnold werden sprechen (24. 8.). (Stefan Ender, 10.6.2017)