"wei sraum" – das Designforum Tirol versteckt sich in einem Hinterhof im Stadtteil Wilten in einer ehemaligen Strickfabrik. Wo einst Strümpfe gefertigt wurden, sinnen heute Kreative über Design und visuelle Kommunikation nach. Man liest "Deutsches Heim" neben "Eingang Talfahrt" so wie "BLUMEN" oder "Herren men". Es sind ausgediente Fassadenbeschriftungen, die aus der Stadt entfernt wurden, um Neuem Platz zu machen.

Der Hartnäckigkeit der Grafikdesignerin Karen Gleissner ist es zu danken, dass diese Schriftzüge nicht auf dem Müll landeten. Die Wörter und Lettern, die Gleissner rettete, bunkert sie in einer Holzscheune. Eine Auswahl ihrer Schätze zeigt die Ausstellung "Urbantypes Innsbruck". Der älteste und brüchige Schriftzug "Gasthof Münzerturm" ist eine in den 1930er-Jahren in Magerbeton gegossene Frakturschrift.

Dass mit jedem Schriftzug Geschichten und Schicksale verknüpft sind, entnimmt man den aufgelegten Klemmmappen. Beispielsweise "BLUMEN": Ein halbes Jahrhundert zierte es die Fassade eines Fachgeschäfts in der Innenstadt. Die serifenlose Linear-Antiqua, in Weißblech gefertigt und mit gelb leuchtendem Neon bestückt, war in den 1950ern eine mutige typografische Entscheidung für einen Blumenladen.

Und "Herren", in gestochener Schreibschrift aus Flacheisen geschmiedet, überschrieb den Abgang zu einer Bedürfnisanstalt. Das dazugehörige "men" soll sich nicht als englische Übersetzung lesen, sondern verwies auf das Pendant für die Damen. Die beiden ersten Buchstaben gingen verloren. (dns, 12.6.2017)