Dem legendären Wiener Jahrhundertwendeliteratencafé Griensteidl hat dieser Tage wegen gestiegener Mieten die letzte Sperrstunde geschlagen. Zum Glück hält ein kleines Literatur- und Theaterfestival die Traditionen weiter hoch: zum 18. Mal findet von 7. Juli bis 10. September im Café Landtmann Tinte und Kaffee statt.

Ein röstfrisches Schauspielensemble bringt jeweils donnerstags, freitags und/oder sonntags Klassiker der Kaffeehausliteratur zur szenischen Lesung: Schnitzler, Hofmannsthal, Altenberg, Kuh, Friedell, Kraus und natürlich Torberg werden im seit 18 Jahren bewährten Stück Tinte und Kaffee satirisch pointiert gewürdigt.

Zuvor, am 7. Juli, startet das Ensemble aber mit der neuen Produktion Sünde und Kaffee. "Von platonisch bis derb, von zotig bis poetisch, anzüglich, witzig, sinnlich und verrucht", heißt es, will man jene Szenen aufführen, die Ferdinand Raimund, Lorenzo da Ponte, Veza Canetti, Else Feldmann, Ödön von Horvath oder Felix Salten einst vom Kaffeehaustisch aus in die Literaturgeschichte einschrieben.

Weiters zu sehen ist ab 9. Juli auch wieder das Stück Dalles und Dowidl, das die besondere Verknüpfung der Wiener Kaffeehausliteratur mit der jüdischen Lebensrealität im Wien von 1900 umkreist. Gespannt wird der Bogen von den Theorien Theodor Herzls bis hin zur untergegangenen jüdischen Kabaretttradition der sogenannten "Budapester".

Weiter gen (Süd-)Osten, in die ehemaligen k. u. k. Kronländer, begibt sich Christoph Prücker bei einem Spezialabend am 11. 7.: Kaffeehäuser aus Prag, Budapest, Triest oder Lemberg stehen hier im Mittelpunkt. Elisabeth Seethaler und Susanne Pichler sorgen am 28. 7. und 31. 8. für eine dezidiert weibliche Sicht auf den männlich geprägten Kanon: Robert Musils Mann ohne Eigenschaften wird hier auseinandergenommen. (stew, 4.7.2017)