Rät zu besserer Kommunikation statt zu neuen Überwachungstechniken: Reinhard Kreissl.

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Wien – Der Teufel liege in den Details, und in Zusammenhang mit dem Sicherheitspaket seien diese meist technischer Art, sagt der Sicherheitsexperte Reinhard Kreissl im STANDARD-Gespräch. So beinhalte etwa die im Rahmen des Pakets geplante Sicherheitspolizeigesetznovelle mit der künftigen Erfassung von Autokennzeichen eine Regelung, "deren Umsetzung uns wohl noch in der nächsten und übernächsten Legislaturperiode beschäftigen wird".

Denn um die Kennzeichenerfassung zu starten, müsse jede dafür eingesetzte Videokamera mit einer Kennzeichenerkennungssoftware für sogenannte Number Plate Recognition (NPR) ausgestattet werden: österreichweit betrachtet ein teures und aufwendiges Unterfangen.

Was tun mit Whatsapp und Skype?

Und auch die Frage, wie genau die Überwachung von Internettelefonie – also etwa Whatsapp und Skype-Kommunikation – konkret bewerkstelligt werde solle, sei unklar. Legistisch sei sie Teil der ebenfalls im Sicherheitspaket enthaltenen Novelle der Strafprozessordnung, technisch – so Kreissl – sei bisher nicht kommuniziert worden, welche Methode man einsetzen werde.

"Wahrscheinlich wird es nur per Zugriff auf die benutzten Endgeräte funktionieren", sagt der Experte. Die Entschlüsselungs- und Überwachungssoftware müsse dann direkt auf dem Gerät installiert werden, ohne dass der Benutzer das mitbekomme; genau so ist es auch in den Erläuterungen zur Strafprozessordnungsnovelle zu lesen.

Zu wenig Kommunikation

Die Frage sei, ob man mit den auf derlei Art gesammelten Informationen bessere Ermittlungsergebnisse als derzeit erzielen könne, wiederholt Kreissl eine von ihm bereits mehrfach geäußerte Kritik. Die meisten Informationen, um etwa Personen auf die Schliche zu kommen, die islamistische Terrorpläne wälzen, seien "schon heute vorhanden – in den Ermittlungsunterlagen nationaler Polizei- und Geheimdienste", sagt er.

Das Problem sei nicht der Mangel an Erkenntnissen, sondern deren Kommunikation. Statt die "seit Jahren heißlaufende Gesetzesverschärfungsmaschinerie" am Laufen zu halten, müssten weit mehr Kapazitäten in Vernetzung und Datenaustausch innerhalb der Sicherheitsapparate gesteckt werden.

"Polizeistaat in der Schublade"

Dem Mangel an Informationsaustausch sei es geschuldet, dass sich fast nach jedem Terroranschlag die Täter als seit Jahren bekannte Gefährder herausstellten. Auch im Fall des Linzer Doppelmords, bei dem laut Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) ein "eindeutiger IS-Zusammenhang" bestehe – der laut Polizei aber noch erhärtet werden müsse –, habe sich ein Nachbar bereits vor zwei Jahren mit einem Islamismusverdacht gegen den mutmaßlichen Täter Mohamed H. an die Polizei gewandt. Eine behördliche Überprüfung hatte den Verdacht damals zerstreut.

Ihm sei selber klar, dass er seiner Kritik keine "gute andere Lösung" entgegenhalten könne, sagt Kreissl. Die seit 9/11 fortgesetzten Verschärfungsnovellen in vielen westlichen Staaten kämen jedoch inzwischen zum Teil "einem Polizeistaat in der Schublade" gleich. (Irene Brickner, 8.7.2017)