Die Trockenheit belastet die Landwirtschaft. Die Regierung sagte 200 Millionen Euro Nothilfe zu.

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Die heftigen Unwetter, die sich über Zentralspanien am Wochenende entluden, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Landesweit herrscht extreme Trockenheit. Klimaforscher wie Jorge Olcina von der Universität Alicante warnen vor einer "großen iberischen Dürrekatastrophe", wie sie Spanien seit Dekaden nicht mehr erlebt habe. Er erinnert dabei an die Jahre 1981–1985 oder 1992–1995: "Die Prognosen für den Sommer sind nicht vielversprechend. Es ist ein Teufelskreis, der nun durch die hohe Verdunstung über die heißesten Monate beschleunigt wird."

Nach dem heißesten Frühling seit Beginn der Aufzeichnungen 1965 markieren die Stauseen Spaniens einen besorgniserregenden Tiefststand. Sie hielten Mitte Juni bei 56 Prozent ihrer Kapazität, ein Fünftel unter dem Mittel seit 2007, Tendenz rapide sinkend – forciert durch die extreme, frühe Hitzewelle im Juni. Zugleich verbuchte die staatliche Wetterbehörde Aemet um 13 Prozent weniger Niederschläge im Frühjahr.

Dörfer aus dem Stausee

Über Jahrzehnte versunkene Dörfer tauchen selbst im für seine regenreichen Winter bekannten nordwestspanischen Galicien wieder auf, wie Castro Candaz aus dem Belesar-Stausee (Lugo). Der Ebro, Spaniens wasserreichster Fluss, glich Ende Juni einem Rinnsal, mit einem kniehohen Pegelstand in Saragossa von knapp 56 Zentimetern. Die Talsperren im Tajo-Becken halten um 39 Prozent weniger Wasserreserven als im Vorjahr, die des Duero gar um 49 Prozent. Nicht minder gravierend ist die Situation in den Becken des Segura-Flusses und des Júcar.

Schon jetzt ist klar, 2017 ist ein Annus horribilis für die Landwirtschaft. Die Gewerkschaft der kleinen Landwirte und Viehzüchter (UPA) beziffert nach einer miserablen Getreideernte mit zum Teil Totalausfällen die akkumulierten Verluste seit Jahresbeginn mit 1,6 Milliarden Euro. Spanien ist gezwungen, diese durch Rekordimporte von mehr als 17 Millionen Tonnen heuer auszugleichen. "Das Schlimmste steht uns erst noch bevor", warnt UPA-Sprecher Román Santalla, "viele schieben Zahlungen an Zulieferer auf, stunden Kredite und verkaufen ihr Vieh, um zu überleben."

Erbsenzählen sinnlos

Verheerend ist die Lage für die Landwirte allen voran im Duero-Becken (Kastilien-León), wo knapp 60 Prozent weniger Niederschlag im laufenden Jahr gemessen wurde. In Peleas de Abajo nahe Zamora steht Lorenzo Rivera vor dem Ruin: "Eine derartige Dürre habe ich noch nicht erlebt", sagt er: "Mehr als 60 bis 80 Prozent der Ernte, Weizen, Raps und Erbsen sind verloren." Die Ären der Weizen auf seinen verdorrten Feldern erreichten eine Maximalhöhe von 20 Zentimetern. "Ein Meter wäre Usus", betont Rivera: "Die Mähmaschine kann das nicht ernten." Anstatt der zwei Tonnen an Erbsen 2016 geht er für heuer von maximal 400 Kilo aus.

Selbst Viehzüchter haben mangels Heu Probleme, ihre Tiere zu ernähren. Auch da der Preis für Futterheu, das nun importiert werden muss, von drei Cent pro Kilogramm im Vorjahr auf sieben Cent gestiegen ist. Aber auch robustere Pflanzen, Weinreben, Mandel- und Olivenbäume leiden unter den Dürrefolgen.

Die Regierung kommt den Bauern mit 200 Millionen Euro Hilfe entgegen. Sie verspricht Steuerbefreiungen, Moratorien bei Sozialversicherungsbeiträgen und Niedrigzinskredite. Das sei bei weitem zu wenig, heißt es aus dem Sektor. "Sie retten Banken, Mautautobahnen und Flughäfen. Warum retten sie uns nicht?", kritisiert José Roales, Sprecher des Landwirte-Dachverbands COAG.

Trockenheit, Frost und Hagel

Der Ernteausfallversicherer Agroseguro kalkuliert, heuer bis zu 200 Millionen Euro auszuzahlen – die höchste Summe, die je für Schäden in der Landwirtschaft ausgeschüttet wurde: der überwiegende Teil, 190 Millionen Euro wegen der Trockenheit und des späten Frosts im April, zehn Millionen Euro für Hagelschäden.

In der Landwirtschaft ist bereits eine Reihe von Wasserrationalisierungsmaßnahmen in Kraft. Im ländlichen Raum gibt es Verbote, Wasser für Swimmingpools oder Autowaschen zu verschwenden.

Landwirtschaftsministerin Isabel García Tejerina (Partido Popular), die an die Bevölkerung appelliert, "rational mit dem Trinkwasser umzugehen", will nun noch im Juli einen "staatlichen Wasserpakt" mit den Autonomieregionen auf Schiene bringen – die wegen ihrer hydrologischen Ressourcen zerstritten sind. In Brüssel stieß sie jedoch mit dem Antrag, 70 Prozent der Agrarfördermittel für Dürreopfer vorab im Oktober auszuzahlen, auf Zustimmung. (Jan Marot aus Granada, 10.7.2017)