Der Sommer ist noch jung, doch schon jetzt sind die Schäden groß. Besonders erwischt hat es bisher die Getreidebauern.

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Heuer gab es den wärmsten März beziehungsweise den zweitwärmsten Juni in der 250-jährigen Messgeschichte. Die Konsequenz, vielerorts hat es um 55 Prozent weniger geregnet.

Grafik/Hagelversicherung

Wien – Zahltag ist für Franz Traudtner erst in einem Jahr. Denn im kommenden Juni bekommt er den Erlös für das Getreide ausbezahlt, das er dieser Tage geerntet hat. Dann kann er auch abschätzen, wie sich die neue Ernte entwickeln wird. Eines weiß der Biobauer aus dem Burgenland aber heute schon: Er wird hohe Einbußen hinnehmen müssen. Bis zu 30 Prozent weniger Ernte fahren die Bauern im Burgenland heuer ein. Je nach Lage traf es manche noch sehr viel stärker.

Deswegen hat Trautner, nebenbei auch Obmann des burgenländischen Ablegers des größten heimischen Bioverbandes Bio Austria, Donald Trump, "dem Mann mit dem gelben Vordach im Gesicht", etwas auszurichten: "Die Bäume blühen früher, die Niederschläge werden konzentrierter, die Trockenperioden auch." Dass der US-Präsident den Klimawandel eher als Chimäre denn als Realität ansieht, löst bei Trautner Kopfschütteln aus, das man förmlich durchs Telefon zu spüren vermeint.

Brotgetreide und Grünland

Noch ist der Sommer jung, doch die heimische Landwirtschaft musste heuer wetterbedingt bereits 150 Millionen Euro Schäden hinnehmen, davon allein 100 Millionen durch die Dürre. Und das war erst die Zwischenbilanz im Juni. "Ein erstes Schadensausmaß, das in erster Linie beim Brotgetreide und beim Grünland bereits eingetreten ist", heißt es dazu beim Katastrophenversicherer Hagelversicherung. Dort weiß man naturgemäß auch um Wetterphänomene Bescheid: Die erste Jahreshälfte wartete mit dem wärmsten März und dem zweitwärmsten Juni in der 250-jährigen Messgeschichte auf. Mit der Konsequenz, dass es vielerorts um 55 Prozent weniger geregnet hat.

Getreidebauer Traudtner kann davon ein – recht trauriges – Lied singen. Er selbst hat Getreide angebaut, die Fruchtfolge einhaltend, damit der Boden nicht auslaugt, er – wie im Biobereich erforderlich – ohne Pestizide und Co auskommt, und um ertragreiche Sorten mit anderen abzuwechseln. So sollte sich die Sache am Ende rechnen.

Heuer hat er Pech gehabt. Es hat den finanziell ertragreicheren Weizen erwischt. Hauptproblem war die Dürre, nachdem schon die Winterfeuchtigkeit ausgelassen hat. "Die Dürre ist schleichend. Du versuchst es mit Bewässern. Aber du weißt nicht, wo riskiere ich und wo nicht." Eine Gratwanderung, die teuer kommen kann. Je nach Lage und Größe der Kulturen können schon einige Zehntausend Euro zusammenkommen. Der Liter Bewässerung kommt je nach technischem Aufwand auf drei bis fünf Euro. Wie gesagt, heuer hat das wenig gebracht.

Kräftige Einbußen

Die Landwirtschaftskammer rechnet bei der Getreideernte mit Einbußen von rund 22 Prozent. Kleiner Trost: 2016 gab es eine außergewöhnlich gute Ernte. Dass sich die Trockenheit auch auf die Herbstkulturen Mais, Zuckerrübe und Co auswirken wird, zeichne sich schon ab, sagt Katharina Gössinger von Bio Austria.

Eine Vorstellung von den vernichteten Werten ermöglicht der Blick in die Vergangenheit. 2015 verursachte großflächige Dürre einen Schaden von 175 Millionen Euro. Entsprechend versichert sind in der Regel jene, die von der Landwirtschaft leben. Nebenerwerbsbauern aber leisteten sich kaum eine Absicherung, sagt Mario Winkler von der Hagelversicherung.

Traurig sieht es derzeit auch in manchen Obstgärten aus. Die Apfelernte dürfte um bis zu 50 Prozent niedriger als das langjährige Mittel ausfallen. Betroffen sind vor allem Bauern in der Steiermark. Dass die heimischen Apfelreserven voraussichtlich Ende Juli erschöpft sein werden, ist aber keine Besonderheit, sagt Nicole Berkmann vom Handelsriesen Spar. "Die Ernte letztes Jahr war witterungsbedingt nicht besonders gut. Die Äpfel waren ein paar Wochen früher als üblich." Grundsätzlich sei "ein Loch vor der neuen Ernte aber normal".

Die heurige mickrigere Apfelernte werden die Konsumenten kaum spüren, so Berkmann. "Wir kaufen aus anderen Ländern zu." Importware in Österreichs Märkten stammt großteils aus Südtirol und Deutschland.

Geht auch dort der Vorrat aus, sehe man sich am Weltmarkt um, heißt es bei Rewe. Der Gala, die beliebteste Apfelsorte, komme seit Juni aus Übersee.

Wenn Salat und Zucchini ausgehen

Anders sah es im Frühjahr aus. Aufgrund der extremen Kälte und des Schneefalls in Italien wurden Salat und Zucchini knapp. Weil die heimische Glashausware noch nicht reif war, kam es wochenlang zu Engpässen. Was in den Regalen lag, war teuer. Der Handel versuche stets, Ware woanders zu ordern, "aber das tun dann alle Händler Europas", sagt Berkmann. Dann wird es oft eng, die Preise gehen sofort nach oben.

Ernteausfälle bei Früchten und Gemüse spüren die Konsumenten sofort – auch im Preis. Bei verarbeiteten Produkten hingegen, wie Brot oder Milchprodukten, merkt man einen Preisanstieg nicht gleich. Da meist mehrere Rohstoffkomponenten im Spiel sind, kann man besser ausgleichen. Semmeln werden wegen der schlechten Getreideernte fast nicht teurer, denn Mehl fällt mit ein paar Cent kaum ins Gewicht.

Noch Hoffnung haben die Weinbauern. Alles hänge davon ab, ob bald erlösender Niederschlag kommt, sagt Bio-Frau Katharina Gössinger. Insgesamt fürchten die Landwirte, dass die Dürre zum Dauergespenst wird.

Biobauer Traudtner bleibt angesichts der Aussicht auf Wetterextreme nur Galgenhumor: "Wir versuchen mit neuen Sorten gegenzusteuern. Aber die Entwicklung dauert zehn Jahre. Wir könnten es im Burgenland ja mit Olivenhainen probieren. Aber so ein Baum braucht auch 15 Jahre."