Istanbul/Wien – Der inhaftierte Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" hat vor Gericht in Istanbul die monatelange Untersuchungshaft für sich und seine Mitarbeiter kritisiert.

"Der Preis für unabhängigen Journalismus in der Türkei ist, verhaftet zu werden, im Gefängnis zu sitzen, und neun Monate auf die Verteidigung zu warten. Wir haben all das erlebt", sagte Murat Sabuncu am Dienstag nach Angaben der "Cumhuriyet" bei seiner Aussage am zweiten Verhandlungstag in Istanbul.

Den Vorwurf der Unterstützung einer Terrororganisation wies er zurück. Er habe nichts mit Fethullah Gülen zu tun, sagte er demnach. Die türkische Führung macht den in den USA lebenden Prediger für den Putschversuch vom 15. Juli 2016 verantwortlich und betrachtet die Gülen-Bewegung als Terrororganisation.

Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu kritisierte die Vorwürfe gegen die "Cumhuriyet"-Mitarbeiter am Dienstag als irrational. Die Zeitung habe der Gülen-Bewegung immer kritisch gegenübergestanden, sagte er bei einer Fraktionssitzung seiner Mitte-Links Partei CHP in Ankara.

Der Prozess gegen 17 Mitarbeiter der "Cumhuriyet" hatte am Montag begonnen. Nach Angaben der Anwälte wird ihnen Unterstützung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), der linksextremen DHKP-C oder der Gülen-Bewegung vorgeworfen. Elf der Angeklagten sitzen teilweise seit November in Untersuchungshaft, fünf weitere sind noch auf freiem Fuß, außerdem ist der Ex-Chefredakteur Can Dündar angeklagt, der in Deutschland im Exil lebt. (APA, dpa, 25.7.2017)