Ein altes WC zwischen vier Restmüll-Containern: Diese Aufnahme aus der Bundeshauptstadt spiegelt das Recyclingverhalten der Wiener wider: In keinem anderen Bundesland wird weniger Müll getrennt. Im europäischen Vergleich schneidet Österreich als Recycling-Nation jedoch gut ab.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Österreicher achten vermehrt auf die Umwelt, trennen fleißig Müll und kaufen öfter Bio-Produkte. Diese Ergebnisse gehen aus dem Mikrozensus der Statistik Austria hervor, der alle fünf Jahre das Umweltverhalten von Österreichern erhebt.

Auffallend ist, dass in fast allen Bereichen jüngere und höher gebildete Menschen versuchen, nachhaltiger zu leben. Während bei der vergangenen Befragung noch das steigende Verkehrsaufkommen die brennendste Umweltfrage war, sorgen sich Österreicher laut der am Donnerstag veröffentlichten Studie vor allem um den Treibhauseffekt und die Klimaveränderung. Am wenigsten Relevanz wird – besonders bei Menschen mit geringer Bildung – dem Thema Rohstoff- und Energieverbrauch zugeordnet.

Auch Wirtschaftswachstum scheint an Relevanz zu verlieren: 2011 machten 56 Prozent der Befragten Wachstum für ein gutes Leben verantwortlich, 2015 ist es weniger als die Hälfte.

Vor allem im Lebensmittelbereich achten Österreicher auf Nachhaltigkeit. 80 Prozent der Teilnehmer gaben an, sich bei Kaufentscheidungen an dem Wort "regional" zu orientieren. Milchprodukte, Obst, Gemüse und Fleisch werden zusätzlich oft in Bio-Qualität gekauft. Am beliebtesten sind die Produkte bei 30- bis 50-Jährigen und Menschen mit höherer Bildung. Den Grund dafür sieht Sozialforscher Karl-Michael Brunner in der Korrelation mit dem verfügbaren Einkommen.

Bio bleibt Nische

Rund 80 Prozent der Österreicher haben im vergangenem Jahr zumindest einmal Biolebensmittel gekauft. Bio bleibt dennoch ein Nischenprodukt: "Die Leute überschätzen Bio. Im Lebensmittelbereich liegt der Anteil bei rund 6,5 Prozent", sagt Brunner. Laut Umweltökonomin Sigrid Stagl wird bei Lebensmitteln oft nur aus Egoismus auf Bio Wert gelegt, die Umwelt spielt eine geringere Rolle: "Achtet jemand nur auf die eigene Gesundheit, ist es der Person egal, ob der Bio-Apfel aus Chile oder aus Österreich kommt."

Anders als bei Lebensmitteln achten nur 45 Prozent beim Kauf von EDV-Geräten auf die Umwelt. Stagl kritisiert, dass Konsumenten oft nur mangelhaft über Güterketten und eingesetzte Ressourcen in IT-Produkten informiert werden.

Umweltbewusstsein zeigen Österreicher beim Thema Mülltrennung. 99 Prozent der Bevölkerung sammeln Altpapier getrennt, gefolgt von Altglas (97,7 Prozent). Am seltensten wird Biomüll gesondert entsorgt (85 Prozent).

Wiener recyceln wenig

Bewohner der Bundeshauptstadt stechen als Recycling-Muffel hervor: Nur 76 Prozent der Wiener schmeißen Metallverpackungen gesondert weg, 20 Prozent trennen Pet-Flaschen nicht vom Haushaltsmüll und nur die Hälfte entsorgt ihren Bioabfall gesondert.

"Das Wohnumfeld spielt dabei eine Rolle", erklärt Angela Köppl vom Wifo. In Wien dürfte die mangelnde Infrastruktur der Grund sein, wieso weniger recycelt wird: "Den Menschen ist die Distanz zu den Entsorgungsplätzen zu groß und zu umständlich", sagt Köppl.

Insgesamt trennen Männer etwas häufiger Müll als Frauen. Auffallend ist, dass Menschen mit einem höheren Bildungsgrad (Matura oder Universitätslehrgang) tendenziell mehr recyceln, als zum Beispiel Personen, die nur einen Pflichtschulabschluss gemacht haben. Menschen mit Universitätsabschluss schneiden jedoch am schlechtesten ab. (Nora Laufer, 28.7.2017)