Wien – Der Zugang zum Recht wird teurer: Am 1. August steigen die Gerichtsgebühren um fünf Prozent. Dabei ist Österreich ohnehin schon "Justiz-Gebühren-Europameister" – und das einzige Land Europas, in dem die Einnahmen den Aufwand der Gerichte übersteigen, kritisiert Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags. Er fordert eine Gebührenbremse und die Abschaffung der automatischen Inflationsanpassung.

Der Grund für die von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) per Verordnung vorgenommene Erhöhung der Gebühren für Klagen, Anträge, Grundbucheinträge etc. ist der 2009 eingeführte Automatismus: Sobald der Verbraucherpreisindex die Fünf-Prozent-Schwelle überschritten hat, steigen die Gerichtsgebühren. "Der Staat macht sich damit selbst zum Gebühren- und Inflationstreiber", kritisierte Wolff gegenüber der APA.

Dies obwohl in Österreich – laut einer Europarats-Studie für 2014 – die Gerichtsgebühren das Justizbudget zu 111 Prozent decken, während der EU-Schnitt bei 23 Prozent liegt. Die Gerichtseinnahmen fließen also in andere Bereiche des Staatshaushaltes – "für den Finanzminister offenbar immer noch zu wenig", kritisierte Wolff die jetzige Anhebung. Bei den Gebühren, für die er zuständig ist, hat Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) auch heuer die "Gebührenbremse" gezogen: Gebühren für Führerschein, Pass oder Behördenverfahren z.B. um Baubewilligungen sind seit 2010 unverändert.

Gebühren steigen seit 15 Jahren drastisch

Anders in der Justiz: Dort stiegen die Gebühren von 2010 bis 2014 (letzte Erhöhung) um 17 Prozent – und in den vergangenen 15 Jahren teils drastisch: Eine einvernehmliche Scheidung kostet ab August 293 Euro, das sind um 84 Prozent mehr als 2002. Mehr als verdreifacht hat sich seit 2002 die Gebühr für Privatanklagen. Für einen Antrag auf ein Strafverfahren wegen Übler Nachrede müssen ab 1. August 269 Euro (bisher 256) bezahlt werden, vor 15 Jahren waren es 82 Euro.

Die Pauschalgebühr für Zivilverfahren erster Instanz bei einem Streitwert von 7.500 Euro steigt per 1. August von 707 auf 743 Euro; bis zur rechtskräftigen Entscheidung (mit zweiter und dritter Instanz) sind künftig 3.317 Euro zu berappen. Das sind mehr als 40 Prozent des Streitwerts.

"Der hohe Gebührendruck führt dazu, dass sich viele Bürger den Zugang zum Recht nicht mehr leisten können", ortete Wolff "großen und gerechtfertigten Unmut" in der Bevölkerung.

Justizminister Brandstetter hat sich in den vergangenen Jahren durchaus bemüht, die Gebühren zu senken. Wegen der Budgetknappheit war allerdings keine generelle Kürzung möglich, sondern nur punktuelle Maßnahmen: Die Gebühren für Jugendliche in familienrechtlichen Verfahren wurden im Sommer 2015 gestrichen, mit 1. Jänner 2016 wurden Rechtsmittel in außerstreitigen Verfahren billiger und arbeitsrechtliche Verfahren bis zu einem Wert von 2.500 Euro – früher 1.450 Euro – gebührenfrei. (APA, 30.7.2017)