Am Nachmittag werden 416 Kinder, die die Wiener Summer School besuchen, von Sozialpädagogen betreut und bespielt. Wenn sie nicht im Schwimmbad sind, wird gemalt, gebastelt oder geturnt.

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Wien – Von der großen Hüpfburg auf dem Gelände des Bildungscampus Sonnwendviertel grinst ein Clown mit roten Haaren herab. Im Inneren des Spielgeräts springen trotz Ferienzeit Kinder um die Wette. An einem Plätzchen im Schatten üben Kinder mit Baseballbällen zielwerfen und bekommen das Gesicht bemalt. Die Kinder besuchen Wiens Summer School, ein Pilotprojekt, das sich an Kinder im Alter zwischen sieben und 14 Jahren richtet.

Zwei Wochen lang sollen in der Schule in Wien-Favoriten Kinder, die während des Schuljahrs Pro bleme in den Fächern Deutsch, Mathe oder Englisch hatten, den Vorsprung ihrer Klassenkollegen ein wenig aufholen können. In Vormittagskursen werden die Kinder unterrichtet, nach dem dreistündigen Lernen werden am Nachmittag die insgesamt 416, die an zwei jeweils zwei Wochen langen Programmen teilnehmen, betreut. Zugelassen werden Schüler, die in einem der Fächer nicht oder negativ beurteilt wurden sowie die, die einen Vierer im Zeugnis hatten. Die meisten hatten schlechte Noten in Deutsch – zwölf der 18 Kurse widmen sich diesem Fach, vier haben Mathe zum Thema, zwei Englisch.

Die AHS-Deutschlehrerin Helene Hinterberger betreut jeden Vormittag von neun bis zwölf zwei Anfängergruppen. Ihre Schützlinge sind seit maximal sechs Monaten in Österreich. "Die meisten haben Arabisch, Farsi oder Dari als Muttersprache", sagt sie. 35 Muttersprachen sind unter den Kindern mit 41 verschiedenen Staatsbürgerschaften zu finden. 26 Prozent sind in Syrien geboren, je ein Viertel in Österreich und Afghanistan.

Keine Glocke, keine Noten

Hinterberger selbst spricht Deutsch und Polnisch. Die Verständigung im Kurs sei aber nicht schwierig. "Kinder sind sehr kommunikativ." Die besseren würden zudem den anderen Dinge erklären und übersetzen – aber: "Wir reden immer Deutsch, auch die Kinder untereinander." Wenn gar nichts funktioniert, unterhalte man sich "mit Händen und Füßen".

Eine Glocke gibt es während des Unterrichts nicht. Auch keine Beurteilungen. "Sie wissen, dass sie keine Noten bekommen, das hilft bei den meisten", sagt Hinterberger. Die 14 Lehrer pro Durchgang sehen sich selbst eher als Trainer und Motivatoren der Kinder: "Wir erarbeiten vieles spielerisch und auch etwas langsamer." Viele der Kinder hätten in der Schule "großen Druck", weil die anderen zu schnell für sie seien und sie dadurch nicht mitkommen würden.

Flächendeckend für Wien

Einen Platz bei der Gratisnachhilfe der Stadt empfehlen meist die Lehrer den Eltern. Das aktuell noch beschränkte Angebot soll, so Bildungsstadtrat Jürgen Czerno horszky (SPÖ), erst evaluiert und dann flächendeckend in Wien ausgebaut werden. Dadurch, dass nicht nur Förderung in Deutsch angeboten werde, solle es zu einer besseren Durchmischung der Kinder kommen. "Die Kinder lernen viel, wenn sie sich in ihrer Freizeit unterhalten", sagt Czernohorszky.

Neun Wochen seien "eine lange Zeit", in der es einen sehr großen Unterschied mache, ob Eltern ihre Kinder fördern können oder eben nicht, sagt Czernohorszky. Derzeit führe die Stadt Gespräche mit verschiedenen Institutionen, Vereinen und Unternehmen – das Ziel sei, Kindern ein noch größeres Angebot zu ermöglichen: "Ich stelle mit vor, dass Kinder in Zukunft hier auch Programmieren oder Roboterbauen lernen können."

Am Nachmittag bietet die Summer School Betreuung durch Sozialpädagogen an. "Wir bespielen die Kinder, kein einziges wird aus den Augen gelassen", sagt Rosgard Ballan vom Verein Zeitraum. Bis 17 Uhr werden die Kinder vor Ort oder auf Ausflügen wie etwa in den Lainzer Tiergarten unterhalten. Für 30 Nichtschwimmer geht das freiwillige Lernen mit einem Schwimmkurs weiter. Eingesetzt würden auch Sozialpädagogen, die die häufigsten Muttersprachen der Kinder beherrschen. (Oona Kroisleitner, 8.8.2017)