Luisa Schmidt forscht am Boltzmann-Institut für Krebsforschung für ihre Dissertation.

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Wien – Es ist nicht die häufigste, aber die aggressivste Form von Blutkrebs: Bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) sind gerade noch ein Viertel der Patienten nach fünf Jahren am Leben. Neun Prozent der Patienten weisen dabei Mutationen in einem Gen mit der Bezeichnung CEBPA auf. Das Gen ist für die Produktion eines Proteins verantwortlich, dem eine wichtige Aufgabe bei der Regulation der Blutbildung zukommt.

"Die Mutationen in CEBPA sind meist nicht allein für die Entstehung der Leukämie verantwortlich, können die Entwicklung aber stark vorantreiben" , sagt Luisa Schmidt. Die PhD-Studentin im Labor von Florian Grebien am Wiener Ludwig-Boltzmann-Institut für Krebsforschung beschäftigt sich mit der Rolle des Gens bei der Entstehung von Blutkrebs. Dabei hat sie einen Mechanismus nachgewiesen, durch den man das Wachstum der Krebszellen bei AML unterbinden kann.

Das in CEBPA kodierte Protein entsteht in zwei Varianten, erklärt Schmidt. Während die längere Variante die Entstehung reifer Blutzellen vorantreibt, sorgt ein Überschuss der kürzeren Variante für eine Vielzahl unreifer Zellen, die sich immer wieder teilen – was im schlimmsten Fall zur Entstehung von Blutkrebs führen kann.

Die beiden Proteinformen gehen unterschiedliche Bindungen ein, wie Grebien und das Team bereits zeigen konnten. So reagiert die kürzere Form stärker mit dem Proteinkomplex MLL, der Teile des Erbguts "markieren" und dadurch die Aktivität von Genen regulieren kann. "MLL kann am falschen Platz im Erbgut das Kommando geben, dass sich die unreifen Zellen immer weiter teilen sollen, sodass Krebs entsteht", sagt die Molekularbiologin.

Sterbende Krebszellen

Schmidt hat nun mithilfe der als "Gen-Schere" bekannt gewordenen CRISPR/Cas9-Technologie, mit der sich Änderungen am Erbgut vornehmen lassen, die angebundenen MLL-Komplexe gezielt zerstört. Das Ergebnis: "Die Blutkrebszellen, in denen das CEBPA-Gen nur die Kurzform der Proteine hervorbringt, fangen an zu reifen und sterben ab." In einem therapeutischen Ansatz könnte der von Schmidt belegte Mechanismus durch einen speziellen Inhibitor genutzt werden, ein Molekül, das MLL hindert, die verhängnisvollen Bindungen einzugehen.

Die 1988 in Wien geborene Schmidt werkt seit 2014 an ihrem PhD-Projekt, seit 2016 wird ihre Arbeit im Rahmen eines DOC-Stipendiums der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gefördert.

Die Relevanz ihrer Forschung wird auch von einer Reihe von Auszeichnungen und Einladungen zu Vorträgen unterstrichen. Sie freut sich etwa, dass sie beim diesjährigen European Hematology Association Congress in Madrid – eine Veranstaltung mit 10.000 Teilnehmern – ihre Arbeit vorstellen konnte.

Dass sie Molekularbiologie studieren werde, war für Schmidt nicht von vornherein klar. Medizin, Mathematik und Englisch standen für die vielseitig talentierte Forscherin ebenso zur Debatte. Der musikalischen Begabung zu folgen sei durch das wissenschaftliche Engagement schwieriger geworden, bedauert die Studentin, die seit langen Jahren Geige spielt. Chor- und Orchesterbeteiligungen werden rarer.

Ein Fixpunkt als Ausgleich zur Forschung bleibt aber: "Ich spiele in einer Mixed-Basketball-Liga. Dort treffe ich viele meiner besten Freunde." (pum, 13.8.2017)