Bild nicht mehr verfügbar.

Die Erebus am Meeresgrund.
Foto: AP Photo/Parks Canada, via The Canadian Press

Ann Arbor – Seit 2014 das Wrack der Erebus und 2016 das der Terror in der kanadischen Arktis gefunden wurden, ist die im 19. Jahrhundert verschwundene Franklin-Expedition wieder ins Interesse der Unterhaltungsindustrie gerückt. Jüngstes Beispiel: Noch heuer soll im US-amerikanischen Kabelfernsehen die Serie "The Terror" anlaufen, die auf dem gleichnamigen Roman von Dan Simmons beruht. Auch Jules Verne, Joseph Conrad, Sten Nadolny und Clive Cussler hatten sich bereits mit dem Stoff befasst.

Die Unglücksexpedition

Der historische Hintergrund: 1845 war der britische Konteradmiral und Polarforscher John Franklin mit seinen beiden Schiffen Erebus und Terror aufgebrochen, um die Nordwestpassage aufzuspüren. Keines der 129 Expeditionsmitglieder kehrte zurück. Obwohl die Inuit der Region von Begegnungen mit Franklins Crew berichteten und mehrere Suchexpeditionen ausgeschickt wurden, konnten 1859 lediglich die Gräber von drei Männer gefunden werden.

Theorien, was zum Tod der Expeditionsmitglieder geführt haben könnte, gibt es jede Menge, sie reichen von Tuberkulose über Bleivergiftung, Skorbut und Botulismus bis zu Verhungern und Kannibalismus (Simmons' ganz spezielle Lösung kann man hingegen getrost verwerfen). Ende 2016 präsentierte Jennie Christensen von der kanadischen Firma TrichAnalytics ihren Befund, demzufolge Zinkmangel indirekt zum Tod von Franklins Männer geführt habe, weil dieser eine Immunschwäche und Tuberkulose nach sich gezogen habe.

Sir John Franklin auf einer zeitgenössischen Darstellung.
Foto: Dibner Library Portrait Collection

Für den Zahnmediziner Russell Taichman von der University of Michigan ist das aber nur ein Teil der Wahrheit. Taichman ist seit seiner Kindheit von der Arktis und den dorthin geschickten Expeditionen fasziniert. Er gehört einem internationalen Netzwerk von "Franklin-Experten" an, die historische Dokumente nach Erklärungen für das rätselhafte Verschwinden durchforsten und sich auf eigenen Konferenzen austauschen.

Ein solches Dokument ließ ihn hellhörig werden: Inuit, die Expeditionsmitglieder gesehen hatten, berichteten, dass diese "harte, trockene und schwarze" Münder gehabt hätten. Zusammen mit Mark MacEachern von der Taubman Health Sciences Library wühlte sich Taichman auf der Suche nach entsprechenden Symptomen durch die medizinische Literatur.

Weiteres mögliches Mosaiksteinchen

Unter insgesamt 1.718 Erwähnungen stieß Taichman dabei immer wieder auf Morbus Addison. Dabei handelt es sich um eine Nebennierenrindeninsuffizienz, die durch Infektionen ausgelöst werden kann – oft, vor allem in historischer Zeit, durch Tuberkulose. Morbus Addison führt zu Übelkeit, Schwäche und gestörter Salzregulierung. Der Körper kann Nahrung nicht mehr ausreichend verwerten und verliert stark an Gewicht.

Deshalb hätten die Inuit ausgemergelte Gestalten gesehen, obwohl die Expedition mit großen Vorräten ausgestattet war, glaubt Taichman. Letztlich war es wohl das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die der Expedition den Untergang bescherte, räumt er ein. Aber nun sei das Bild ein Stück vollständiger. (jdo, 21. 8. 2017)