"Ernsthaft saure" Post vom Zentralbetriebsrat, der bei "Unterwegs in Österreich" "eklatante Arbeitszeitverletzungen" vermutet: ORF-Chef Alexander Wrabetz (li.) und Sendungschef Roland Brunhofer bei der Präsentation am Montag auf dem Großglockner.

Foto: ORF/Roman Zach-Kiesling

Wien – Just zum Sendestart von "Unterwegs in Österreich" am Montag bekam ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz – selbst beim Start am Großglockner – mehr als unfreundliche Post vom Zentralbetriebsrat seines Hauses. Die Belegschaftsvertreter erwarten in dem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt, "Verletzungen der Arbeitszeitbestimmungen" und drohen, das Arbeitsinspektorat einzuschalten.

Seit Montag sendet ORF 2 eine von Roland Brunhofer neu organisierte Daytime: eine Redaktion bespielt "Guten Morgen Österreich" in der Früh und "Daheim in Österreich" am Vorabend (bisher: "Heute leben") aus dem mobilen Truck-Studio. Dieselbe Redaktion verantwortet nun auch "Mittag in Österreich" (13.15 Uhr) und "Aktuell in Österreich" um 17:05), sie kommen aus der Zentrale.

"Angesichts der öffentlich vom Hause vielgefeierten Erweiterungen dieses Sendungsformats auf den späten Nachmittag haben sich die absehbaren Verletzungen der Arbeitszeitbestimmungen massiv erweitert", heißt es in dem Schreiben des Zentralbetriebsrats an ORF-Chef Wrabetz.

Das Schweigen des Generals

Zentralbetriebsratsobmann Gerhard Moser und sein Stellvertreter Gerhard Berti erinnern Wrabetz daran, dass die Betriebsräte der Landesstudios Wrabetz schon Ende April "auf die arbeitsrechtlichen Problematiken der 'Guten Morgen'-Schiene hingewiesen haben". Sie kündigten damals an, Arbeitszeiten genau zu kontrollieren und "notfalls auch das Arbeitsinspektorat einzuschalten". Bisher warteten die Länder-Betriebsräte laut Moser und Berti vergeblich auf eine Antwort des ORF-Chefs.

Die Zentralbetriebsräte wiederum warten bisher auf eine Information der Sendungsverantwortlichen – der frühere Salzburger ORF-Landesdirektor Roland Brunhofer, Erfinder schon von "Guten Morgen" aus dem Truck, hat die Reorganisation und Leitung zum Start übernommen.

"Eklatante Arbeitszeitverletzungen"

Bei 5.30 Uhr Dienstbeginn und Dienstende 19.30 dauere die Schicht 14 Stunden, rechnen Moser und Berti in dem Brief vor. Die Sendungsverantwortlichen hätten "in den Landesstudios für heftige Verwirrung gesorgt" und versuchten nun "mit extralangen Mittepausen und vor allem Dienstteilern, sich um diese eklatanten und strukturell bedingten Arbeitszeitverletzungen herumzuschummeln".

Die Zentralbetriebsräte legen Wrabetz einen Auszug aus dem ORF-Kollektivvertrag bei, wonach "Dienstteiler keinesfalls für immer wiederkehrende, strukturelle Programmleistungen zu verwenden" seien.

Antwort oder Arbeitsinspektorat

Moser und Berti erinnern daran, dass Vorgesetzte zu "nachvollziehbaren Arbeitszeitaufzeichnungen" verpflichtet seien, die den zuständigen Betriebsräten vorzulegen seien.

Wrabetz möge beim Sendungsverantwortlichen, bei den Landesdirektoren, Hauptabteilungsleitern und Chefredakteuren "für Klarheit in Sachen Arbeitsrecht zu sorgen". Nachsatz: "Sollten wir nicht baldigst etwas von Dir hören, bleibt die Ankündigung der Einschaltung von Arbeitsinspektoren aufrecht."

"Ernsthaft sauer"

Betriebsratschef Moser fügte dem Schreiben noch ein Post Scriptum an: Er werde "bald ernsthaft sauer", wenner noch einmal – wie zuletzt von Brunhofer im "Kurier" – lese: "Müssen dort sein, wo die Menschen sind." Moser dazu: "Wo sind unsere zentralen Redaktionen und insbesondere unsere Landesstudios sonst? Sitzen die den ganzen Tag in Eisenstadt, Dornbirn etc. im Büro herum – oder was sollen solche Provokationen und Abwertungen?"

Klausur

Dienstag begann eine ORF-Klausur auf dem Kahlenberg mit den nächsten Reizthemen für den Betriebsrat: Die Budgetverhandlungen für 2018 stehen unter massiven Sparvorgaben in zweistelliger Millionenhöhe. (red, 22.8.2017)