Sie wollen regieren: Daran ließen Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer bei der Präsentation ihres Wirtschaftsprogramms keine Zweifel. Und auch mit wem sie sich nach der Nationalratswahl am 15. Oktober lieber ins Bett legen würden, machten die beiden Parteigranden klar: Ihre Rufe nach einer Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf unter 40 Prozent, die durch Entbürokratisierung und Eindämmung der Zuwanderung finanziert werden soll, glichen in weiten Teilen den bisher bekannten Plänen von ÖVP-Obmann Sebastian Kurz.

Heiße Populismussuppe

Mit dem Ruf nach Abschaffung der Pflichtmitgliedschaften in den Kammern hätte Kurz zwar wenig Freude, dafür aber sind die Blauen hier auf Linie mit den Neos. Auch die Forderung nach Beschränkung der Mindestsicherung auf Staatsbürger – ein Verstoß gegen EU-Recht und Verfassung – geht weiter als ähnlich klingende Kurz-Pläne. Aber ganz so heiß werden solche Populismussuppen nach einer geschlagenen Wahl nicht gegessen.

Bedeutsamer war die klare Distanzierung der Blauen von der SPÖ: von Erbschafts- und Schenkungssteuer, von Umverteilung und von allem, was an Klassenkampf gemahnt – darunter auch der umstrittene SP-Slogan "Holen Sie sich, was Ihnen zusteht". Die Partei, die sich in der Vergangenheit gern als Schutzengel der kleinen Leute präsentierte, tritt in dieser Wahlkampfphase als typische Unternehmerpartei mit xenophobem Einschlag auf.

Das muss nicht so bleiben: Die blaue Forderung nach einer Mindestpension von 1200 Euro und einem Mindestlohn von 1700 Euro – eine Angstvorstellung für viele Arbeitgeber – soll später in ein eigenes Sozialprogramm einfließen. Mit Wirtschaft sieht die FPÖ bei solchen kostspieligen Wünschen offenbar keinen Zusammenhang.

Wirtschaftskompetenz nicht mal vorgegaukelt

Überhaupt hat die FPÖ Wirtschaftskompetenz in diesem Papier nicht einmal vorgegaukelt: Die Absage an jede Staatsverschuldung wäre volkswirtschaftlicher Irrsinn, und die Vorschläge für Einsparungen von rund 13 Milliarden Euro im Jahr, mit denen die Steuersenkungen finanziert werden sollen, erweisen sich schon beim ersten Hinschauen als Scheinrechnung.

Was bedeutet dieses Programm für den Wahlkampf? Da konkurriert die FPÖ mit der Liste Kurz um jene meist ländlichen, männlichen und mittelständischen Selbstständigen und Bauern, die sich bei der Bundespräsidentenwahl im Vorjahr als treueste Hofer-Wähler erwiesen haben. Ob das wahltaktisch klug ist, ist unklar. Denn für diese Zielgruppe ist Kurz die weniger riskante Option. Und für Kanzler Christian Kern ergibt sich die Chance, zu den Freiheitlichen abgewanderte Wählerinnen und Wähler zurückzugewinnen. Für Arbeiter und kleine Angestellte, die sich weder zu den Leistungsträgern noch zu potenziellen Erben zählen, ist in diesem Programm trotz der Überschrift "Fairness" wenig zu finden.

Die rechtskonservative Positionierung der FPÖ schließt eine rot-blaue Koalition, die in ÖVP-Kreisen gern als beschlossene Sache dargestellt wird, nicht völlig aus, macht sie aber weniger wahrscheinlich. Aber selbst bei einem blau-türkisen Bündnis ist es fraglich, ob die so ähnlich klingenden Steuersenkungspläne tatsächlich je umgesetzt werden. Denn ohne deutliche Einschnitte bei staatlichen Leistungen lässt sich die Steuerlast nur geringfügig senken. Und zu spürbaren Sozialkürzungen und tiefgreifenden Verwaltungsreformen dürften weder Strache noch Kurz bereit sein. (Eric Frey, 23.8.2017)