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An der Wall Street wird nicht nur Geld verliehen, sondern auch Businesskleidung. Viele Banker leasen ihre Anzüge.

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Wien – 20 Euro und zehn Cent pro Woche. So viel kostet das "klassische" Paket bei Österreichs Mietwäscheunternehmen Staufer Textil in Linz. Es umfasst zwei Garnituren, damit jeweils eine gereinigt werden kann. Elf Hemden und je zwei Sakkos und Hosen. Der Mietservice holt die getragene Kleidung einmal pro Woche direkt aus dem Büro ab, bringt sie zur Reinigung und anschließend wieder zurück. Ebenfalls inkludiert sind Maßänderungen und, bei Bedarf, Reparaturen und Austausch.

Was bei amerikanischen Managern und Businessleuten mehr und mehr in Mode kommt, gilt bei heimischem Führungspersonal noch als Ausnahmeerscheinung: der Anzugverleih.

Spezielles Nischenservice

Das Hauptgeschäft macht die Mietwäschebranche mit diesem sehr speziellen Nischenservice nicht. Das besteht noch immer aus klassischen Blaumännern, also Arbeitskleidung für die Industrie, Hygienekleidung für Krankenhäuser und Labore sowie Uniformen. Das ist auch der Grund, warum sich die großen Mietwäschereien in Österreich beim Verleih für Businesskleidung zurückhalten.

Der Innung des Bekleidungsgewerbes in der Wirtschaftskammer ist kein Miettextilunternehmen für Businesskleidung in Österreich bekannt. Eines gibt es aber doch, und zwar die oben genannten Linzer von Staufer Textil. Doch auch hier macht die Sparte Businesskleidung nur knapp zehn Prozent des gesamten Liefervolumens aus.

Keine Anwälte

Allerdings statte man mit Businesskleidung vor allem Angestellte in der Hotellerie, im Catering oder Mitarbeiter mit Kundenkontakt in Unternehmen aus, die auf einheitliche Bekleidung Wert legen, sagt Ulrich Schöll, Geschäftsführer von Staufer Textil, im Gespräch mit dem STANDARD. Kunden in höheren Positionen, wie Anwälte oder Banker, die den Leasinganzugservice vermehrt in Anspruch nehmen, habe Staufer Textil nicht.

Der Grund: Ein Komplettservice, wie ihn sein Unternehmen anbietet, sei bei Anzügen, die nicht so häufig in die Reinigung müssen, wenig sinnvoll. Oberhemden auf Leihbasis hingegen schon. Da beliefere man in Österreich durchaus Kunden in höheren Positionen. "Das wird sich bestimmt immer mehr durchsetzen", sagt Schöll.

Stilvorbilder

Auch Eva Köck-Eripek glaubt nicht, dass sich Leasinganzüge in höheren Positionen durchsetzen werden. Weder in Deutschland noch in Österreich. Die Einstellung zum Thema Berufskleidung sei in beiden Ländern ähnlich. Man sei vielleicht nicht das Stilvorbild Nummer eins, aber die Leute, "die ein bissel was verdienen", legten Wert darauf, gut gekleidet zu sein. Und sie wollen keine Mietkleidung, "wo wer anderer dringesteckt ist".

Anders in Amerika. "Ich arbeite sehr viel in Amerika und weiß, dass dort sehr viele Businessmänner ihre Kleidung ausleihen", sagt die Imageberaterin. Denn Amerikaner hätten ein anderes Verhältnis zu Besitz, egal ob bei Wohnungen, Häusern oder eben Arbeitskleidung. "Die sind es gewohnt, etwas zu konsumieren und anschließend wieder zurückzugeben."

Individualität gefragt

Europäer ticken diesbezüglich anders. "Wir wollen unseren individuellen Touch reinbringen, auch bei der Kleidung." Leasinganzüge seien meist von der Stange und aus pflegeleichter Kunstfaser anstatt Qualitätswolle. Das störe die Amerikaner aber nicht, im Gegensatz zu Österreich sei ihnen Passform und Qualität weniger wichtig. "Wenn Sie bei uns die Leute auf der Straße in höheren Positionen anschauen, dann haben die meisten Kostüme und Anzüge an, die halbwegs gut passen." Hier stimmten Ärmellänge und Sakkoweite.

"In Amerika und Asien hängt's, sogar beim Präsidenten", so Köck-Eripek. Die Kleidung sei oft schlampig, zu groß, wenig passformgenau. "Das wirkt dann unheimlich schnell nachlässig." Generell gelten Sakko und Hose oder Anzug hierzulande nicht so sehr als Dienstkleidung im engeren Sinn wie in den USA. In Amerika hingegen sehe man kaum jemanden in der Freizeit mit Anzug.

So gesehen ist der deutsche Rechtsanwalt Tom Hilliger aus Jena eine Ausnahme. Er schätzt an Leasinganzügen den Komfort. Die frische Ware liege stets im Büro bereit, sagt er zum STANDARD. (Felix Diewald, 6.9.2017)