Es ist zu warm auf der Erde. Wissenschafter drängen zu raschem Gegensteuern . Auch in Österreich haben die Parteien die Wichtigkeit des Klimaschutzes erkannt. Eilig hat man es damit aber nicht. Konkrete und zeitnahe Maßnahmen könnten ja die Wähler verschrecken.

Grüne Kernfrage

Umweltpolitik ist grüne Kernkompetenz. Entsprechend detailreich wird das Themenfeld im Wahlprogramm behandelt. Gefordert wird das "Ende der Neuzulassung fossiler Kfz ab 2030". Das Aus für Gasheizungen soll 2050 erfolgen. Neben einem "eigenständigen, starken" Umweltministerium wird auch eine "Dekarbonisierung bei der öffentlichen Beschaffung gefordert". Das heißt: Die Fahrzeugflotte soll auf emissionsfreie Autos umgestellt werden. Für eine dritte Flughafenpiste sieht man keinen Grund, "kontraproduktive Steuervorteile im Verkehr" sollen fallen. Es brauche eine Reform des Emissionshandels und ein neues Ökostromgesetz. Das heimische Klimaschutzgesetz soll an die Pariser Klimaziele angepasst werden.

Wissenschafter warnen vor den Auswirkungen der fortschreitenden Eisschmelze in der Arktis.
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Pinke Anreize

Auch die Neos widmen dem Umweltthema viel Platz und stellen fest: "Der Ersatz von Erdöl durch biogene Stoffe wird sich bei unveränderten Konsumgewohnheiten nicht ausgehen." Es brauche also ein "Konsumenten-Informationssystem", das mittels Farbtafeln anzeigt, wie nachhaltig Inhalt und Herstellung eines Produkts sind. Zudem sympathisiert man mit der Deckelung des Pro-Kopf-Energieverbrauchs. Alternative Energieformen gehörten gefördert, Bahn- und Busverbindungen europaweit ausgebaut. Auch hier kann man retro: Ein kilometerabhängiges Mautsystem solle die Vignette ersetzen. Auch die Pendlerpauschale soll weg.

Statt auf fossile Energie wollen alle Parteien verstärkt auf erneuerbare Energieformen setzen.
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Rote Rettungspläne

An ambitionierten Plänen mangelt es der SPÖ nicht. Bis 2030 etwa sollen 100 Prozent des Stroms aus Österreich kommen, "fast zur Gänze aus erneuerbaren Energien", versteht sich. Elektroautos und der Ausbau der Ladeinfrastruktur dürfen da nicht fehlen. Von einer österreichischen Klimastrategie ist jedoch nichts zu lesen. Die "Öffi-Offensive" der Sozialdemokraten verspricht Investitionen in lokale "Mikro-Öffis". Landwirtschafts-Förderungen werde es künftig für jene geben, die sich dem Prinzip Nachhaltigkeit "mit Schwerpunkt auf umweltgerechte Produktion" verschrieben haben.

Und was, wenn kein Wind weht? Nötig sind laut Experte Gerhard Wotawa Investitionen in Speichersysteme.
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Blaue Nachhaltigkeit

Der Klimaschutz gehört nicht zu den Themen, die man mit den Freiheitlichen verbindet. Fehlen darf es in der blauen Agenda trotzdem nicht. Die FPÖ setzt bei "der Energiegewinnung auf Nachhaltigkeit" – ergo wird der Ausbau von Sonnen-, Wasser-, Wind- und Bioenergieanlagen gefordert. Kernkraft lehnt man ab, Kohlekraftwerke sollen der Vergangenheit angehören. Was man auch nicht will: ein Aus für Verbrennungsmotoren ab 2030. Die FPÖ sieht tausende Arbeitsplätze gefährdet – und einen Anschlag auf die Pendler. Also gibt Vizeparteichef Norbert Hofer eine "Nutzungsgarantie für Dieselfahrzeuge bis 2050" aus.

Wenn es der Wähler gerne hört, geben manche im Wahlkampf gar eine "Nutzungsgarantie für Dieselfahrzeuge bis 2050" aus.
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Türkis-schwarze Ideen

Im Energiebereich braucht es für die ÖVP eine "stärkere Diversifizierung der Lieferanten, Energierouten und Energieimporte". Netze und Speichermöglichkeiten für heimischen Strom müssten ausgebaut werden. Zudem findet man Gefallen an "Microgrids", also energieautarken Regionen. Ein "Best-Bieter-Prinzip" bei der Lebensmittelbeschaffung soll künftig ökologische Auswirkungen bei Herstellung und Transport berücksichtigen. Und trotz Bekenntnis zum Ausbau der Ladeinfrastruktur von Elektroautos ist ein Verbot von Diesel und Benzinern mit den Schwarz-Türkisen nicht zu machen.

Photovoltaik ist eine jener Energieformen, die zu einer positiven Klimabilanz beitragen können.
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Das sagt der Experte

Gerald Wotawa von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik ist zwar erfreut, "dass sich alle Parteien zum Klimaschutz bekennen, aber echte Maßnahmen, die in der nächsten Legislaturperiode wirken sollen, sieht man halt auch nicht". Das Problem: "Wir haben nicht so viel Zeit", sagt der Obmann des Climate Change Center Austria. Er erwartet sich von der Politik: "Da müsste man mehr zusammenbringen, als sich nur einer Änderung der Lebensgewohnheiten anzunehmen." Doch selbst die Grünen seien mit ihren Langzeitplänen wenig ambitioniert. Die Nagelprobe erfolgt für Wotawa nach der Wahl: Klimaschutz betrifft alle Bereiche des Regierens. Das heißt: konkrete Maßnahmen statt unverbindlicher Ziele. (Peter Mayr, Karin Riss, 21.9.2017)

Die Abkehr der österreichischen Politik von der klimaneutralen Atomenergie sei noch kein Konzept, sagt der Experte.
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