Europaweit gab und gibt es Proteste gegen Glyphosat, auch in Berlin. In Österreich wurde jetzt eine breite Allianz dagegen geschmiedet.

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Wien – Von Umweltorganisationen verteufelt, bei Bauern und Gärtnern weltweit beliebt, spaltet das Herbizid Glyphosat die österreichische Politik im Wahlkampf. Am Dienstag war das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel auf Antrag der Grünen Thema im EU-Ausschuss des Parlaments. Dank einer Koalition von SPÖ, FPÖ und Grünen beschloss eine Mehrheit der Abgeordneten, Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) zu binden, sich auf EU-Ebene für ein Verbot von Glyphosat auszusprechen. Das Unkrautvernichtungsmittel steht in Kürze vor der Wiederzulassung in der Europäischen Union.

Etwas überraschend eroberte die neuerliche Zulassung des in Österreich auf breite Ablehnung stoßenden Mittels die Politbühne, nachdem sich Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) vorige Woche für ein Totalverbot ausgesprochen hatte. Die offizielle Haltung Österreichs, die von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) ausgearbeitet wurde, steht für eine weitere Zulassung, allerdings unter strengeren Auflagen wie bisher.

Kein Problem für den Umweltminister

Eigentümervertreter der Ages sind das Gesundheitsministerium (SPÖ) und das Umweltministerium (ÖVP). Minister Rupprechter hatte bereits vor der Abstimmung im Ausschuss erklärt, er habe kein Problem mit einem allfälligen Nein zur Wiederzulassung von Glyphosat auf EU-Ebene. Damit folge er den Experten der Ages, die den Vorschlag der EU-Kommission zur Wiederzulassung von Glyphosat, "wie er derzeit vorliegt", ohnehin ablehnen, sagte der Minister zur APA. Bisherige Beratungen der Fachexperten aus den Mitgliedstaaten haben keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen eine Wiederzulassung für das Herbizid ergeben.

Knackpunkt war eine Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC), die zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört, wonach Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft wurde. Nationale und europäische Gesundheitsbehörden, darunter die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA sowie Schwesterbehörden in den USA, Kanada und Japan stufen Glyphosat als unbedenklich ein. Die Kommission hat die Entscheidung nach dem Patt vertagt, bis die EU-Chemikalienbehörde ECHA eine aktuelle Risikobewertung vorgelegt hat. Im Juni stellte ECHA einen weiteren Persilschein für Glyphosat aus: Das Herbizid sei demnach weder krebserregend, fruchtbarkeitsschädigend noch erbgutverändernd. Der Ball liegt nun wieder bei den Mitgliedstaaten.

Gespaltene Union

Neben dem nunmehr beschlossenen Nein aus Österreich spricht sich etwa auch Frankreich gegen eine Wiederzulassung des Pestizids aus. Eine offizielle Haltung aus Paris, die zu großangelegten Bauernprotesten in französischen Städten geführt hatte. Damit ein EU-weites Glyphosat-Verbot in Kraft tritt, muss eine qualifizierte Mehrheit, also 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, dafür sein.

Bei der ersten Abstimmung hatten sich neben Österreich auch Deutschland, Frankreich, Italien, Griechenland, Portugal und Luxemburg der Stimme enthalten. Einzig Malta stimmte dagegen. Diese Strategie würde den schwarzen Peter der EU-Kommission zuspielen, die letztlich auf Basis der vorliegenden Risikobeurteilungen für eine Wiederzulassung stimmen dürfte. Die Frist für eine Entscheidung läuft bis Jahresende. (slp, 3.10.2017)