Aslan studierte Sozialpädagogik, schloss in Tübingen und Stuttgart Politikwissenschaft und Pädagogik (Abschlussarbeit: Islam und Demokratie) an und promovierte an der Uni Wien zum Thema "Religiöse Erziehung muslimischer Kinder in Deutschland und Österreich".

Foto: Heribert Corn

Wäre Ednan Aslan ein Politiker, dann hätte er eine Tour de Force von ganz rechts nach ganz links hinter sich. Ednan Aslan ist aber Professor für islamische Religionspädagogik, und das bedeutet: Aus einem ursprünglich traditionell-konservativen Muslim aus der Türkei ist im Lauf der Jahre ein liberaler Muslim geworden, der für einen "Islam europäischer Prägung" kämpft.

Als Autor der schon länger umstrittenen Studie über islamische Kindergärten in Wien im Auftrag des Integrationsministeriums kämpft der 57-Jährige seit einiger Zeit aber auch gegen Kritiker, die die wissenschaftliche Korrektheit dieses Forschungsprojekts anzweifeln. Er weist alle Vorwürfe, unsauber gearbeitet zu haben, strikt zurück.

Öst-westlicher Studienweg gen Europa

Dass der Mann, der jetzt nicht nur um seine wissenschaftliche Reputation kämpft, anstelle der "Gewalttheologie" im Islam eine "gewaltlose Theologie etablieren möchte", lag nicht unbedingt auf der Hand. Geboren in eine religiöse Familie in der Stadt Bayburt im Nordosten Anatoliens, wurde er von seinem Vater, einem Imam, "mit bestrafenden Gottesbildern erzogen". Nach der Matura absolvierte er noch in Istanbul ein theologisches Studium, dann aber ging es "nach Europa", wo er sah, "dass Menschen in Freiheit anders denken" – auch wenn sie über Religion nachdenken.

Aslan studierte Sozialpädagogik, schloss in Tübingen und Stuttgart Politikwissenschaft und Pädagogik (Abschlussarbeit: Islam und Demokratie) an und promovierte an der Uni Wien zum Thema "Religiöse Erziehung muslimischer Kinder in Deutschland und Österreich". Es folgten Studien- und Forschungsaufenthalte in den USA, den Niederlanden und Großbritannien, bis er 2003 von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich als Fachinspektor für den islamischen Religionsunterricht nach Wien geholt wurde.

Entscheidender Denker

Seit 2008 ist Aslan Professor am Institut für Islamisch-theologische Studien der Uni Wien. Als "entscheidend für mein Denken" nennt er den Theologen Nasr Hamid Abu Zaid, "der wegen seines Denkens aus Ägypten vertrieben wurde". Er schrieb Gottes Menschenwort: Für ein humanistisches Verständnis des Koran.

Ihren erwachsenen Kindern – drei Töchter, die in Deutschland, England und Kanada leben, und ein Sohn – haben er und seine Frau dieses Verständnis vermittelt. Und was hat sein Vater zum theologischen Seitenwechsel und dem Islam seines Sohnes gesagt? "Es wäre schön, wenn ich als Junger davon gewusst hätte." (Lisa Nimmervoll, 11.10.2017)